IPPNW-Pressemitteilung vom 10.09.2015

Besorgniserregende Zahl neuer Schilddrüsenkrebsfälle in Fukushima

Gesundheitliche Folgen der atomaren Katastrophe von Fukushima

10.09.2015 Die neuesten Daten der Schilddrüsenuntersuchungen in Fukushima bestätigen einen besorgniserregenden Anstieg der Neuerkrankungen von Schilddrüsenkrebs bei Kindern. Insgesamt mussten bereits 104 Kinder wegen metastasierten oder stark wachsenden Krebsgeschwüren in ihren Schilddrüsen operiert werden, bei weiteren 33 besteht weiter akuter Krebsverdacht. Da mittlerweile knapp 154.000 Kinder zwei Jahre nach ihrer Erstuntersuchung reevaluiert wurden und mindestens 6 neue Fälle gefunden wurden, kann nun auch eine Aussage zur Neuerkrankungsrate gemacht werden.

Diese liegt somit bei knapp 2 Fällen pro Jahr pro 100.000 Kindern. Die Inzidenz für kindlichen Schilddrüsenkrebs lag in Japan vor der Atomkatastrophe von Fukushima bei 0,3 Fällen pro Jahr pro 100.000 Kindern. "Dieser Anstieg lässt sich nicht mehr mit einem sogenannten `Screening-Effekt´ begründen, sondern deutet auf einen kausalen Zusammenhang zur verantwortungslosen Exposition der Kinder mit radioaktivem Jod hin", erklärt der stellvertretende IPPNW-Vorsitzende und Kinderarzt Dr. Alex Rosen.

Hinzu kommt, dass mehr als 67.000 strahlenexponierte Kinder aus der Präfektur Fukushima gar nicht erst in die Untersuchungen eingeschlossen wurden und mehr als 209.000 weitere Kinder immer noch auf ihre Zweituntersuchung warten. So gibt es berechtigten Grund zur Sorge, dass die Zahl der Schilddrüsenkrebsfälle in den kommenden Monaten noch steigen könnte. „Der ausgeprägteste Effekt der radioaktiven Verstrahlung ist aufgrund der Latenzzeit von Kreberkrankungen ohnehin erst im Laufe der nächsten Jahre zu erwarten,“ so Rosen.

Die Regierung der Präfektur Fukushima sah sich angesichts dieser besorgniserregenden Zahlen nun gezwungen, eine Untersuchung der Zusammenhänge zwischen der unerwartet hohen Zahl kindlicher Schilddrüsenkrebsfälle und der Exposition mit radioaktivem Jod einzuleiten. Das Resultat steht für sie allerdings bereits vor Beginn der Untersuchungen fest: „Es ist unwahrscheinlich, dass die Schilddrüsenkrebsfälle, die in der Präfektur Fukushima entdeckt wurden, durch den Unfall im Atomkraftwerk verursacht wurden.“

Auch die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) nennt in ihrem „Abschlussbericht“ zur Atomkatastrophe von Fukushima einen Zusammenhang zwischen den Kernschmelzen und dem Auftreten von Schilddrüsenveränderungen bei Kindern „unwahrscheinlich“. Die Angaben der IAEO beruhen jedoch auf geschönten Daten und Annahmen: „Die Aussage, dass in Japan keine messbaren strahlenassoziierten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu erwarten sind, steht in diametralem Wiederspruch zu den tatsächlich freigesetzten Mengen an Strahlung und den strahlenbiologischen Erkenntnissen der letzten 60 Jahre,“ so Rosen. „Eine ehrliche und offene Information der Bevölkerung in den verstrahlten Gebieten ist dringend notwendig, wird aber von der atomfreundlichen Regierung in Tokio verhindert. Das Menschenrecht auf Gesundheit und das Leben in einer gesunden Umwelt wird durch diese Politik der Verharmlosung massiv beschnitten.“

Einen ausführlichen Artikel zu den neuesten Daten der Schilddrüsen-Reihenuntersuchungen finden Sie unter www.fukushima-disaster.de/deutsche-information/super-gau/artikel/c0954b1c87134eef0b3444d988c2d152/da-nicht-sein-kann-was-nicht-sein-da.html

Die englische Überstzung des Berichts der Fukushima Medical University können Sie hier herunterladen: fmu-global.jp/survey/the-20th-prefectural-oversight-committee-meeting-for-fukushima-health-management-survey/

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Kontakt: Angelika Wilmen, Pressesprecherin der IPPNW, Tel. 030-69 80 74-15, Henrik Paulitz, Atomenergie-Experte, Tel. 06257-505-1707, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, Email: wilmen@ippnw.de, www.ippnw.de

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