IPPNW-Pressemitteilung vom 12. Dezember 2023

Atomkraft ist kein Klimaretter!

Gegen Formelkompromisse und Scheinlösungen bei der COP28

Anlässlich der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai fordert die ärztliche Organisation IPPNW, am Ziel eines Ausstiegs aus den fossilen Energien strikt festzuhalten. Sie warnt davor, sich auf Formelkompromisse um CO2-Abscheidungs- und Lagertechnologien oder auf Scheinlösungen wie die Atomkraft einzulassen, wie es der neueste Entwurf einer Abschlusserklärung vorsieht. Dagegen fordert die IPPNW einen konsequenten und schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien.

„Atomkraft ist schlicht zu langsam, zu teuer, zu gefährlich und zu schlecht mit den Erneuerbaren kombinierbar, als dass sie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnte", betont die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. „Die Abscheidungs- und Lagertechnologie, das sogenannte Carbon Capture and Storage, entspricht auf Seiten der fossilen Energien dem, was für die Atomlobby ihre Small Modular Reactors sind. Beide Technologien stehen absehbar nicht zu Verfügung und sind ökologisch und wirtschaftlich höchst fraglich", so Claußen weiter. „Das 1,5 Grad-Ziel wird verfehlt, von den ökologischen Auswirkungen beider Technologien und deren Anwendungen ganz zu schweigen."

Ein Ausbau der Atomkraft entspricht weder der Forderung nach wirtschaftlicher Effizienz noch dem Ziel einer global gerechten Energiewende. Der Anteil der Atomkraft am globalen Strommix ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit 40 Jahren gesunken - ein Anzeichen dafür, dass sich der Ausbau der Atomkraft wirtschaftlich nicht rechnet, wie der kürzlich veröffentlichte unabhängige World Nuclear Industry Status Report 2023 aufzeigt. Von den durch den Ausbau der weltweiten atomaren Infrastruktur bedingten Abhängigkeiten profitieren vor allem die Atomwaffenstaaten und die von ihnen betriebenen oder subventionierten Atomunternehmen. In Anbetracht der vorgelegten Daten erscheint die Verdreifachung der Stromerzeugung aus Atomenergie bis zum Jahr 2050, wie es eine Absichtserklärung von 22 Ländern auf der COP28 vorschlägt, höchst unrealistisch.

Vehement widerspricht die IPPNW diese Erklärung, die die Atomenergie ins Zentrum der Zukunftsvision einer dekarbonisierten Energieversorgung bis 2050 stellt. Auch in den jüngsten Entwurf einer Abschlusserklärung des COP-Gipfels hat es die Atomkraft als vermeintlich CO2-arme Energie geschafft. „Es handelt sich um ein gefährliches Ablenkmanöver, das eine schlecht gealterte Technologie vor ihrem Ende bewahren soll. Die Klimakrise mahnt uns aber zur Eile", so Dr. Angelika Claußen. Überdies liegt die Atomkraft in ihrer CO2-Bilanz deutlich über den gängigen und marktfähigen Erneuerbaren, wobei die Emissionen aus der langwierigen Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle noch gar nicht mitgerechnet sind. Zwischen den Zeilen zeigt die Absichtserklärung für Atomkraft jedoch ein zentrales Problem der Atomindustrie auf: ihre Unwirtschaftlichkeit.

„Offensichtlich geht es hier ums Geld. Eine Quersubventionierung des Atomsektors durch die Weltbank und andere Entwicklungsbanken, wie sie die Erklärung fordert, muss unbedingt verhindert werden. Diese Ressourcen müssen für die Erneuerbaren, für Klimaanpassung und für Verluste und Schäden durch den Klimawandel zur Verfügung stehen", so Claußen, die für die IPPNW an der COP28 in Dubai teilgenommen hat, weiter.

Pro-Atom-Positionen werden auf den COP-Gipfeln vermehrt von Organisationen vertreten, die sich einen zivilgesellschaftlichen Anstrich geben, während sie tatsächlich aus der Atomindustrie stammen. „Wir haben vor Ort beobachtet, dass Organisationen der Atomlobby beispielsweise versuchen die Stimmung zu beeinflussen," berichtet Bimal Khadka vom Board of Directors der internationalen IPPNW. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Treiber der Atomkraft weiterhin die Atomwaffenstaaten sind. Wir sehen eine drohende Querfinanzierung der Erneuerung von Atomwaffenarsenalen im Namen des Klimaschutzes", ergänzt Dr. Angelika Claußen.

 

Kontakt:
Frederic Jage-Bowler (Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit), jagebowler[at]ippnw.de, 030  698074 15

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