IPPNW-Pressemitteilung vom 27. Oktober 2010

Brisanter "Schwachstellenbericht"

Laufzeitverlängerungen für alte Atomkraftwerke sind unverantwortlich

27.10.2010 Ein aktueller "Schwachstellenbericht Siedewasserreaktoren Baulinie 69" offenbart gravierende Sicherheitsdefizite der deutschen Atomkraftwerksblöcke Isar-1, Philippsburg-1, Brunsbüttel und Krümmel. In der Zusammenfassung des Berichts vom Oktober 2010 des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften in Wien heißt es, dass "die schwerwiegenden Konstruktionsmängel … durch Nachrüstungsmaßnahmen nicht ausgeglichen werden" können. Die Studie wurde von drei österreichischen Landesregierungen sowie von der Umweltanwaltschaft Wien in Auftrag gegeben und löste bei der bayerischen Atomaufsicht heftige Reaktionen hervor. Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW fordert auch vor diesem Hintergrund, dass der Deutsche Bundestag morgen nicht wie geplant Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke beschließt

Nach Einschätzung des an dem Bericht beteiligten Prüfingenieurs und langjährigen Siemens-Mitarbeiters Wilfried Rindte stellen die Schwachstellen "ein erhebliches Risiko für den Weiterbetrieb der Anlage dar".

Der von insgesamt zehn Fachleuten, darunter zwei Universitätsprofessoren, erstellte Bericht basiert auf detaillierten Berechnungen und listet eine Reihe brisanter Schwachstellen auf. So ist bei der kritischen Schweißnaht des Reaktordruckbehälters der betroffenen Atomkraftwerke "kein ausreichender Sicherheitsabstand vorhanden". Es besteht die Gefahr von "Ermüdungsrissen". Daneben sind "weitere Schädigungsprozesse infolge des Dauerbetriebs möglich". Für das Atomkraftwerk Krümmel fehlt eine aktuelle "Thermoschock-Analyse". Das Brennelement-Lagerbecken für die hoch-radioaktiven abgebrannten Brennstäbe liegt im oberen Teil des Reaktorgebäudes außerhalb des Sicherheitsbehälters, was eine "offensichtliche Gefährdung" darstellt. Die Erdbebensicherheit am Standort Isar ist nicht nach den Richtlinien der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA gewährleistet.

Besonders brisant ist, dass in den betroffenen Atomkraftwerken bevorstehende Risse nicht rechtzeitig erkannt werden können. So schreiben die Autoren: "Diese kritische Schweißnaht ist für Prüfung mit automatisierten Prüfsystemen (Farbeindringprüfung, Magnetpulverprüfung, Ultraschallprüfung) nicht zugänglich, wie bei einer Besichtigung des Reaktordruckbehälters im baugleichen Reaktor in Zwentendorf im Oktober 2010 von den Autoren festgestellt wurde."

Selbst vom TÜV wurde aktuell (2010) zugegeben, "dass weder die Werkstoffwahl, noch die Fertigungsbedingungen den Forderungen des Basissicherheitskonzeptes entsprechen, und zusätzlich durch die Mängel bei Konstruktionsauslegung und Herstellung die Prüfbedingungen eingeschränkt sind, so dass auch die Fehlererkennbarkeit nicht gewährleistet ist".

Kommt es zu einem schweren Unfall, dann tritt laut der Studie "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine große Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt auf".

Die IPPNW weist darauf hin, dass auch die alten deutschen Druckwasserreaktoren wie Biblis zahllose gefährliche Sicherheitsdefizite aufweisen. "Durch die jüngst von den Atomaufsichtsbeamten in Bund und Ländern beschlossene neue Nachrüstliste wie auch durch ein Gutachten der Bundesatomaufsicht sind nunmehr zahllose Schwachstellen vielfach bewiesen", so IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz.



Den "Schwachstellenbericht Siedewasserreaktoren Baulinie 69" finden Sie hier:
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/2010_Schwachstellenbericht_Siedewasserreaktoren_Baulinie_69.pdf


Siehe auch „"Nachrüstungsliste" bestätigt wesentliche Biblis-Mängel“
www.ippnw.de/startseite/artikel/0d757d07ac/nachruestungsliste-bestaetigt-wese.html

Kontakt: Henrik Paulitz, IPPNW, Tel. 0032-485-866 129

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