Abschiebungen aus dem Krankenhaus darf es aus Sicht des Deutschen Ärztetags nicht mehr geben. Mit sehr großer Mehrheit hat der 129. Deutsche Ärztetag 2025 beschlossen, dass Abschiebungen geflüchteter Personen aus laufender Behandlung verboten werden müssen. Insgesamt 126 von 148 Delegierten stimmten einem Antrag des Bundesvorstands zu, der die zuständigen Landesbehörden auffordert, "in allen Bundesländern die Abschiebung Geflüchteter aus stationären und weiteren medizinischen Einrichtungen für unzulässig zu erklären". Der Antrag beruht ganz wesentlich auf den Vorarbeiten des IPPNW-Arbeitskreises Geflüchtete und Asyl und ist ein wichtiges Signal der Ärzt*innenschaft an die Politik in Zeiten einer immer inhumaneren Migrations- und Asylpolitik und auoritärer Entwicklungen.
Zur Begründung heißt es in dem Antrag: "Immer wieder kommt es zu Abschiebungen und Abschiebeversuchen aus dem Krankenhaus. Der Schutzraum Krankenhaus ist ein sensibler Bereich zur medizinischen Versorgung von Erkrankten mit dem Erfordernis einer ständigen Überwachung durch medizinisches Personal. Abschiebungen aus stationärer Behandlung sind ein schwerer Eingriff in eine medizinische Behandlung. Sie können den Gesundheitszustand der betroffenen Person massiv und auch langfristig verschlechtern und so schwerwiegende Folgen haben. Für die Betroffenen stellt eine Abschiebung aus dem Krankenhaus eine massive Belastung dar und verunsichert Mitpatientinnen und Mitpatienten stark. Dies gilt in gleicher Weise für andere medizinische Einrichtungen, z. B. in der ambulanten Versorgung oder dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). Bereits in sechs Bundesländern wurden Abschiebungen aus stationärer Behandlung durch konkretisierende Anweisungen wie Runderlasse oder Erlasse grundsätzlich für unzulässig erklärt oder stark eingeschränkt (Thüringen, Rheinland-Pfalz, Bremen, Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein). In Bremen gilt zudem eine Erweiterung um sensible Bereiche wie Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen und andere medizinische Einrichtungen. Diese Regelungen sind grundsätzlich auch auf andere medizinische Einrichtungen auszudehnen und in den weiteren Bundesländern zu übernehmen."
Der politische Rechtsruck der letzten Jahre hat dazu geführt, dass die Grundrechte Geflüchteter durch Asyl- und Aufenthaltsrechtsverschärfungen immer weiter beschnitten wurden, um unter anderem die politische Vorgabe, Abschiebezahlen zu erhöhen, leichter erfüllen zu können. Dies bewirkt, dass die Abschiebepraxis zunehmend brutaler wird, humanitäre Aspekte kaum mehr beachtet werden und Schutzräume wie Krankenhäuser, Tageskliniken und Kirchenasyle verletzt werden. Davon zeugen auch mehrere Fälle, die der IPPNW über ihre Meldestelle zu Abschiebungen im Kontext stationärer Behandlung aus den letzten Monaten gemeldet wurden. Einer davon ist der Fall der Abschiebung einer schwer krebskranken syrischen Frau nach Bulgarien direkt nach der Krebsdiagnose aus einer Klinik in Bayern. Die Süddeutsche Zeitung berichtete ausführlich über den Fall.
Seit Ende 2023 betreibt die IPPNW eine Informations- und Meldestelle zu dem Thema und hat seitdem zahlreiche Weiterbildungen für Klinikbeschäftigte durchgeführt. Denn in der Realität kooperieren Kliniken bei Abschiebungen oft mit der Polizei, auch aus Unwissen über ihre Rechte und Pflichten.
Nach dem Ärztetag muss es nun darum gehen, den Druck auf die Politik zu erhöhen, aber auch, den Beschluss des Deutschen Ärztetags unter Klinikbeschäftigten bekannter zu machen und diese über ihre Rechte und Möglichkeiten in Abschiebesituationen aufzuklären.
Sie können dies unterstützen: Nutzen Sie unsere Materialien für Gespräche mit Kolleg*innen, kontaktieren Sie uns bei Interesse an einer Mitarbeit im Arbeitskreis oder an einer Fortbildung in Ihrem Haus oder an Ihrer Uni.
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