IPPNW-Pressemitteilung vom 17. November 2023

Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen aus Russland, Belarus und der Ukraine

Aktionswoche vom 4. bis 10. Dezember 2023

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 haben mehr als 250.000 Militärdienstpflichtige Russland verlassen – sie wollen nicht im Krieg gegen die Ukraine kämpfen. Über 40 Friedensgruppen aus ganz Europa rufen vom 4. Dezember bis zum „Internationalen Tag der Menschenrechte“ am 10. Dezember 2023 zu Aktionen auf: Sie fordern Aufnahme und Schutz für alle, die sich dem Krieg in der Ukraine entziehen.

Die meisten sind nach Kasachstan, Serbien, Armenien oder Georgien geflohen. 3.500 junge Russ*innen haben in Deutschland Asyl beantragt. Das Bundesinnenministerium teilte im September 2023 mit, dass nur bei 400 Anträgen das Asylbegehren geprüft worden sei. 90 davon wurden anerkannt. Aus der Ukraine sind seit Kriegsbeginn mindestens 175.000 Militärdienstpflichtige vor der Einberufung geflohen – teilweise nach Deutschland, wo ihnen aktuell nur bis März 2025 Schutz gewährt wird. Auch in Belarus gibt es tausende Militärdienstentzieher.

„All diese Menschen wollen nicht töten und sich nicht am Krieg in der Ukraine beteiligen – sie müssen dauerhaft Schutz bekommen“, erklärt Rudi Friedrich von Connection e.V., einem Verein der sich international für Kriegsdienstverweiger*innen einsetzt. „Sowohl aus der Bundesregierung als auch von der EU-Kommission gab es zu Kriegsbeginn Zusagen, diejenigen aus Russland aufzunehmen, die sich dem Krieg entziehen wollen“, so Friedrich. „Ein Schutzversprechen gibt es aber nur für russische Deserteur*innen. Alle, die rechtzeitig vor einer Einberufung geflohen sind, müssen mit einer Ablehnung im Asylverfahren rechnen“, zeigt sich der Militärdienst-Experte enttäuscht.

Gemeinsam mit weiteren deutschen und europäischen Organisationen hat Connection e.V. im Mai 2023 eine Petition mit knapp 50.000 Unterschriften an die EU-Kommission übergeben. Mit dabei war auch die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), die älteste deutsche Friedensorganisation: „Um den Krieg in der Ukraine zu beenden, müssen wir denjenigen, die sich dem Kämpfen verweigern, endlich dauerhaften Schutz gewähren“, fordert DFG-VK-Geschäftsführer Michael Schulze von Glaßer. „Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht!“, macht er deutlich.

Um ein Ende der Verfolgung von Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen in ihren Herkunftsstaaten zu fordern und den Druck auf die Bundesregierung und die EU zu erhöhen, Militärdienstpflichtige aufzunehmen, wird es in der Woche vor dem „Internationalen Tag der Menschenrechte“ – vom 4. bis zum 10. Dezember 2023 – zahlreiche Protestaktionen geben:

  • Am 6. Dezember 2023 wird in Frankfurt am Main im Rahmen einer kreativen Aktion ein großes Transparent (ca. 16 x 4m) von einer Brücke gehängt werden.
  • In Lübeck werden Aktivist*innen am 7. Dezember 2023 von 12 bis 18 Uhr am zentralen Kohlmarkt ein etwa 5m hohes aufblasbares zerbrochenes Gewehr aufbauen.
  • Vor dem Brandenburger Tor in Berlin wird am 9. Dezember ab 11 Uhr eine Kundgebung mit Redner*innen aus Belarus und Russland stattfinden. Auch eine bildstarke Straßentheater-Aktion ist geplant.
  • Am 10. Dezember, dem „Tag der Menschenrechte“ wird um 11 Uhr das Denkmal für den unbekannten Deserteur in Potsdam, Platz der Einheit, mit Blumen geschmückt. Gewürdigt werden Deserteur*innen und Kriegsdienstgegner*innen, insbesondere in Bezug auf den aktuellen Krieg in der Ukraine.


Auch in Herford, Bremen, Göttingen, Halle (Saale), Kassel, Löbau, Mainz, Naumburg (Saale), Rostock, Schwerin und weiteren Städten sind Aktionen geplant. Zudem wird es in den Niederlanden, in Finnland, Belgien, Großbritannien und Griechenland Aktionen und Veranstaltungen geben.

Eine Liste mit allen geplanten Aktionen, den vollständigen Aufruf und Hintergrundmaterial gibt es auf: www.objectwarcampaign.org

Kontakt:
Rudi Friedrich: office[at]connection-ev.org, +496982375534
Michael Schulze von Glaßer: svg[at]dfg-vk.de, +4917623575236

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Ansprechpartnerin

Angelika Wilmen

Angelika Wilmen
Referentin für Friedenspolitik
Tel. 030 / 698074 - 13
Email: wilmen[at]ippnw.de

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Reden von IPPNW-Mitgliedern*:

23.02.2024 Dr. Lars Pohlmeier, Berlin
10.04.2023 Ute Rippel-Lau, Hamburg
10.04.2023 Dr. Inga Blum, Hamburg
10.04.2023 Matthias Jochheim, Frankfurt
09.04.2023 Werner Strahl, Essen
08.04.2023 Ralf Urban, Wedel
08.04.2023 Odette Klepper, Düren
08.04.2023 Siegfried Lauinger, Kiel
08.04.2023 Angelika Claußen, Bielefeld
08.04.2023 Dr. Helmut Lohrer, Freudenstadt
01.10.2022 Ralph Urban, Hamburg
01.10.2022 Christoph Krämer, Berlin
01.10.2022 Matthias Jochheim, Frankfurt
01.10.2022 Dr. Helmut Lohrer, Stuttgart
18.04.2022 Dr. Elisabeth Heyn, Nürnberg
17.04.2022 Ernst-Ludwig Iskenius, Neuruppin
13.03.2022 Dr. Lars Pohlmeier, Berlin | Youtube
13.03.2022 Dr. Inga Blum
13.03.2022 Ralph Urban
04.03.2022 Dr. Sabine Farrouh, Offenbach
27.02.2022 Dr. Lars Pohlmeier, Berlin
26.02.2022 Ute Rippel-Lau, Hamburg

* Die Redebeiträge sind persönliche Texte der Redner*innen und spiegeln nicht unbedingt die Meinung der IPPNW bzw. des Vorstandes der IPPNW wider.

Fotos von der Kundgebung Atomkrieg verhindern in Hamburg

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