IPPNW-Pressemitteilung vom 14.3.2019

Wirtschaftliche Sanktionen gegen Syrien beenden

Syrien-Geberkonferenz in Brüssel – 8 Jahre Syrienkrieg

14.03.2019 Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert die Bundesregierung und die EU-Staaten anlässlich der Syrien-Geberkonferenz auf, die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Syrien zu beenden. „Sanktionen, die gewollt oder ungewollt die Zivilbevölkerung als Geiseln nehmen, lehnen wir im Gegensatz zu Waffenembargos ab,“ erklärt Susanne Grabenhorst, stellvertretende IPPNW-Vorsitzende. Die Sanktionen verkomplizieren, verlangsamen oder verhindern Gesundheitsversorgung und humanitäre Hilfe, vor allem durch die Behinderung der Finanzierung und des Handels mit wichtigen Gütern wie Medikamenten, Gerätschaften, Ersatzteilen und Software.

Die humanitäre Situation ist nach acht Jahren Krieg in weiten Teilen des Landes äußerst kritisch. Von den ursprünglich 21 Millionen Einwohnern des Landes sind mindestens 500.000 Menschen ums Leben gekommen.  6,2 Millionen Menschen sind zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden. Laut einem aktuellen UN-Bericht sind 11,7 Millionen Menschen in Syrien dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter fünf Millionen Kinder. Aufgrund von fehlendem Wasser und zerstörten Kanalisationssystemen gibt es Hygieneprobleme.  Vor dem Krieg konnte sich Syrien selbst mit Nahrungsmitteln versorgen. Heute haben 9 Millionen Menschen in Syrien nur begrenzten Zugang zu Nahrungsmitteln.

15 Millionen Syrer*innen verfügen über keine adäquate Gesundheitsversorgung. Die einst gute Gesundheitsversorgung in Syrien leidet nicht nur unter den Folgen des Krieges, sondern auch unter den seit 2011 von der EU und den USA verhängten und ständig verschärften wirtschaftlichen Strafmaßnahmen. Mehrere UN-Dokumente kritisieren diese. Laut einer Untersuchung der UN-Kommission für Wirtschaft und Soziales in Westasien (UN-ESCWA) über die „Humanitären Folgen der einseitigen wirtschaftlichen Strafmaßnahmen“ gegen Syrien gehören die Sanktionen zu den „kompliziertesten und weitreichendsten Sanktionsmaßnahmen, die jemals verhängt wurden“. Der UN-Sonderermittler für die humanitären Folgen der Sanktionen gegen Syrien, Idriss Jazairy, betonte in seinem Bericht von September 2018 die Bedeutung der grundlegenden humanitären Bedürfnisse der Menschen in ganz Syrien und ihre Sicherung ohne Vorbedingungen. Die Sanktionen mit ihren negativen Konsequenzen für humanitäre Hilfe müssten beendet oder zumindest neu gefasst werden, da sie das Leiden der Zivilbevölkerung steigern würden.

Auch Hilfsorganisationen wie beispielsweise Oxfam äußern sich kritisch zu den Wirtschaftssanktionen und bestätigen, dass die Sanktionen auf Finanzdienstleistungen die humanitäre Hilfe in Syrien enorm erschweren oder verunmöglichen. In einem aktuellen Briefing der Organisation heißt es: „Das syrische Volk sollte nicht den Preis geopolitischer Entscheidungen zahlen. Die humanitäre Hilfe sollte entpolitisiert werden, bedarfsorientiert sein und im Einklang mit den Grundsätzen einer guten humanitären Spende geleistet werden.“

Die syrische Regierung muss sich ihrerseits dafür einsetzen, dass humanitäre Mitarbeiter*innen freien Zugang zu allen Gebieten haben, ihre Sicherheit gewährleisten und bürokratische Hürden abbauen. Obwohl 7,2 Millionen der hilfsbedürftigen Menschen in Regionen leben, die von der syrischen Regierung kontrolliert werden und in denen Hilfsorganisationen mit der Regierung zusammenarbeiten, waren in Brüssel keine staatlichen Vertreter*innen aus Syrien geladen.

Kontakt: Angelika Wilmen, Pressesprecherin IPPNW, Tel. 030 698074-15, Email: wilmen@ippnw.de, www.ippnw.de

Hinweis: Ein Übersetzungsfehler zu der Untersuchung der UN-ESCWA in einer früheren Version dieser Veröffentlichung wurde korrigiert. (23. August 2019)

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Ansprechpartnerin

Angelika Wilmen

Angelika Wilmen
Referentin für Friedenspolitik
Tel. 030 / 698074 - 13
Email: wilmen[at]ippnw.de

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