Kurzfassung
Der Mittlere und Nahe Osten ist in mehrfacher Hinsicht die konfliktträchtigste Region der Welt. Der Israel-Palästina-Konflikt hat sich zu einem Konflikt der gesamten Region ausgeweitet. Angesichts der gigantischen Öl- und Gasreserven erlangte diese Region auch im Hegemonialsystem der USA eine strategische Schlüsselrolle. Die nachholende Industrialisierung und politische Transformation in den Staaten dieser Region setzte - wie übrigens in den letzten 250 Jahren auch in Europa - kulturell bedingte Konfliktpotentiale frei. Die geostrategischen Interessen des Westens sowie der Israel-Palästina-Konflikt trugen mit zur Radikalisierung der politischen Strömungen und zur Entstehung von Nationalismus und religiösem Fundamentalismus bei. Die offenen Grenzkonflikte und ethnischen Gegensätze, die aus dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches und der kolonialistischen Grenzziehung zu Beginn des 20. Jahrhunderts hervorgegangen sind, kommen noch hinzu.
Die Verquickung vielfältiger territorialer, ethnischer, religiöser und politischer Konfliktformationen mit den externen ökonomischen und geostrategischen Interessen der USA und des Westens verwandelte den Mittleren und Nahen Osten buchstäblich in ein explosives Gemisch. Dies ist das Ergebnis einer Kette zusammenhängender Konflikte seit über einem halben Jahrhundert, nämlich der Iran-Konflikt nach der Verstaatlichung der Ölindustrie (1951-1953), der Suez-Konflikt nach der Nationalisierung des Suez-Kanals durch Ägypten; der israelisch-palästinensische Dauerkonflikt mit mehreren arabisch-israelischen Kriegen; der Iran-Irak-Krieg (1. Golfkrieg 1980-1988); Iraks Besetzung von Kuwait 1990 und der 2. Golfkrieg der USA zusammen mit ihren Verbündeten gegen Irak; der US-Krieg gegen Irak (2003); der Iran-Atomkonflikt seit 2003 und schließlich der Israel-Krieg gegen Libanon (2006).
Die Erfahrungen zeigen, dass selektive und unilaterale Initiativen die Konflikte vertiefen, weil sie die legitimen Ziele und Sicherheitsinteressen der jeweils anderen Konfliktpartei ignorieren.
Grundlegende Konfliktstrukturen
Es handelt sich um insgesamt fünf große regionale Konfliktebenen, die zudem mit geo-strategisch globalen Interessen der USA, aber auch der EU und teils auch Russlands (früher Sowjetunion) verstrickt sind:
(1) Territorialstreitigkeiten, vor allem durch Israels Besetzung von Palästina und den syrischen Golanhöhen; Iraks Grenzkonflikt um die Grenzlinie in Shatt-al-Arab (wichtiger Grund für den ersten Golfkrieg); Iraks Besitzanspruch auf Kuwait und auf die Inseln Bubiya und Warba: iranisch-arabischer Konflikt um drei strategische Inseln (Abu Mussa, Groß Tonb und Klein Tonb) im Persischen Golf und Spannungen zwischen Iran und den arabischen Staaten um die Bezeichnung Persischer bzw. Arabischer Golf.
(2) Konflikte um Energie- und Wasserressourcen, vor allem zwischen Irak und Kuwait um das Ölfeld Rumaila; grenzüberschreitende Öl- und Gasquellen im Persischen Golf zwischen den meisten Golfstaaten; der Streit zwischen Iran und der Republik Aserbaidschan wegen des Ölfeldes Elburs im Kaspischen Meer und der Nutzung der Energiequellen des Kaspischen Meeres und um Öl- und Pipeline-Routen zwischen den Anrainerstaaten. Bei den Interessengegensätzen um die Nutzung von grenzüberschreitenden Gewässern geht es vor allem um den Konflikt um den Jordan (zwischen Israel, Palästina und Jordanien) sowie den um Euphrat und Tigris (zwischen Türkei, Syrien und Irak).
(3) Grenzüberschreitende ethno-kulturelle Konflikte, insbesondere die auch von extern geschürten zwischen Sunniten und Schiiten, die Gefahr eines flächendeckenden Krieges zwischen Iran gemeinsam mit den irakischen Schiiten und Hisbollah im Libanon auf der einen Seite, sowie Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten und den Sunniten im Irak und Libanon auf der anderen Seite; außerdem der grundsätzliche Kulturkonflikt, der gegenwärtig in allen Staaten der Region zwischen Modernismus und Fundamentalismus im historischen Transformationsprozess stattfindet und teilweise auch mit Gewalt ausgetragen wird. Hinzu kommen Separatismus und das Schüren ethnischer Konflikte, vor allem in den Vielvölkerstaaten wie Iran (Azeris, Belutschen, Kurden, Turkmenen, Araber) und Irak, aber auch der seit Gründung der postkolonialen Nationalstaaten in der Region schwelende Kurdistan-Konflikt.
(4) Israel-Palästina-Konflikt, dieser hat seit der Gründung Israels zu anhaltenden Feindbildproduktionen, wachsendem islamisch-jüdischen Fundamentalismus und arabischem Nationalismus, Verstärkung von Gewaltbereitschaft und Terrorismus geführt sowie die Demokratisierung in allen arabisch-islamischen Staaten entscheidend behindert.
(5) Israel-Libanon-Konflikt (seit 1982), der ursprünglich durch Israels Besetzung von Palästina entstanden ist und inzwischen droht, die gesamte Region zu erfassen.
Vielfältige Gemeinsamkeiten
Im Mittleren und Nahen Osten gibt es nicht nur Gegensätze, sondern auf mindestens vier großen Gebieten auch viele Gemeinsamkeiten, die erkennen lassen, dass sie für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Kooperation in der Region beträchtlich sind und auch eine gute Grundlage für eine sicherheitspolitische Kooperation darstellen. Diese vier Gebiete sind:
(1) Ökonomische Kooperation durch Export von Öl und Gas sowie petrochemischen Produkten aus den Golfstaaten gegen Agrarprodukte, Lebensmittel, Textilien, langlebige Konsumgüter, Industrieanlagen und High-Tech-Erzeugnisse aus dem Iran, der Türkei und Israel; Potentiale für den regionalen Tourismus in allen Anrainerstaaten des Golfs, des Kaspischen Meeres und des Mittelmeeres sowie in den Staaten mit historischen Hochkulturen und antiken Sehenswürdigkeiten (Ägypten, Israel/Palästina, Libanon, Syrien, Iran, Türkei), die durch gemeinsame Projekte erschlossen werden können; beträchtliche Möglichkeiten der Ausweitung und Vertiefung gemeinsamer grenzüberschreitender Investitions- und Finanzierungsprojekte, beginnend mit der Infrastruktur (Eisenbahnnetz, regionale Wasserwege, Versorgungsnetze); der Gründung einer regionalen Entwicklungsbank sowie gemeinsamer Wirtschaftskommissionen als Keimzellen einer regionalen Wirtschaftsintegration nach dem Vorbild der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).
(2) Ressourcen- und Umweltschutz sowie Ausbau erneuerbarer Energiequellen mit gemeinsamen Strategien zur effizienteren Nutzung von Öl- und Gasquellen; gemeinsame Investitionsprojekte zur Nutzung des Kaspischen Meeres und des Golfes; Projekte zur gemeinsamen Nutzung regenerativer Energiepotentiale und zur Schaffung eines regionalen Stromnetzes; gemeinsame Nutzung von knappen Wasserressourcen und Regelungen zur gerechten Verteilung von grenzüberschreitenden Gewässern sowie gemeinsame Kommissionen für die Koordinierung von Umweltschutz und Ressourcennutzung als institutionelle Grundlagen für die regionale Integration in diesem Bereich.
(3) Soziale Kooperation: Durch die Aktivierung vorhandener finanzieller und menschlicher Ressourcen ließen sich grenzüberschreitende soziale Projekte initiieren, die geeignet sind, neue Arbeitsplätze in besonders benachteiligten Regionen zu schaffen aber auch in Konfliktregionen wie Palästina und Kurdistan, die wegen ihrer permanenten Verwicklung in Kriege auf Ressourcenimport angewiesen sind. Nur so können den Völkern anstelle von Separatismus mit allen seinen gewaltsamen Folgen die Vorteile der Friedensperspektive durch Kooperation erlebbar gemacht und neuen Konflikten der Boden entzogen werden. Gemeinsame Strategien zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Armut, Drogenabhängigkeit und Analphabetismus wirken zudem identitätsstiftend und begünstigen die Kooperation in allen anderen Bereichen.
(4) Kultur und Bildung: Denkbar wäre z.B. die Bildung subregionaler Kulturzentren und die Gründung gemeinsamer Universitäten und Forschungseinrichtungen in Kurdistan, in den Staaten am Golf und am Kaspischen Meer und längerfristig sicher auch in Jerusalem. Dies gilt auch für die Vernetzung zivilgesellschaftlicher Initiativen und Projekte, insbesondere den Jugendaustausch.
Perspektiven für gemeinsame Sicherheit
Die traditionelle Vorstellung von Sicherheit durch Machtvermehrung, gestützt auf Hobbes Menschenbild (der Mensch ist des Menschen Wolf) und Annahmen der realistischen Schule, dass Misstrauen und Aggressionsbereitschaft der Staaten Naturkonstanten in den internationalen Beziehungen darstellen, hat einen entscheidenden Konstruktionsfehler. Ungeachtet der Frage, ob die Annahmen dieser Schule begründet sind, geht sie analog zur merkantilistischen Lehre der Ökonomie von einem Nullsummenspiel als Ergebnis zwischenstaatlicher Beziehungen aus: Mehr Sicherheit und mehr Wohlstand von A beruht auf weniger Sicherheit und weniger Wohlstand von B. Dieses Denken legitimierte wesentlich den Kolonialismus und Imperialismus in den letzten Jahrhunderten und forcierte die beiden Weltkriege sowie das nukleare Wettrüsten in der Ära des Kalten Krieges.
Dem gegenüber steht Kants Idee des Friedens durch Kooperation, die analog zur klassischen Idee des Freihandels für alle Beteiligten mehr Wohlstand und auch mehr Sicherheit in Aussicht stellt, und zwar durch Herstellung eines dauerhaften Friedens. Das Ergebnis der Handlungen, die aus der Philosophie des Friedens durch Kooperation hervorgehen, folgt der Logik des Plussummenspiels: Mehr Sicherheit und mehr Wohlstand für A bedingt auch mehr Sicherheit und mehr Wohlstand für B. Die Integration der ehemals verfeindeten europäischen Staaten in die Europäische Union beruhte auf dieser Philosophie. Trotz aller noch bestehenden Defizite im Bereich sozialer Gerechtigkeit, der Partizipation und der sozialen Sicherheit schuf die EU-Integration eine nachhaltige Grundlage für ökonomische und politische Kooperation zum Vorteil aller beteiligten Staaten und was von größerer Bedeutung ist auch zur Verbannung des Krieges. Die Pessimisten bezüglich einer solchen Konferenz für den Mittleren und Nahen Osten seien darauf verwiesen, dass es Europa trotz tiefer Feindschaft und zweier Weltkriege innerhalb weniger Jahrzehnte tatsächlich gelungen ist, durch Kooperation die Un-Kultur der Zerstörung und der Finsternis weit hinter sich zu lassen.
Die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) entstand jedoch auf dem Höhepunkt der Ost-West-Konfrontation, und zwar aus dem normativen Interesse aller Beteiligten, um die Feindschaft zwischen westlichen und östlichen Staaten durch die Idee der gemeinsamen Sicherheit abzubauen. Gemeinsame Sicherheit ist ein Sicherheitssystem für Staaten unterschiedlicher Kulturen und Lebensstandards, das erlaubt, ein Maximum an Sicherheit durch ein Minimum an Aufwand zu erzielen. Sie beruht auf dem Ausschluss des konfrontativen Verhaltens durch die Bereitschaft des Dialogs zur Bewältigung realer Konflikte, auf der formalen und auch faktischen Gleichheit aller Mitgliedsstaaten und auf der Möglichkeit zur ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Kooperation. Die KSZE wurde 1976 in Helsinki gegründet und 1995 in die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überführt. Ihr gehören heute 55 Staaten an. Dies sind alle europäischen Staaten sowie die USA und Kanada. Zwar hat die Abrüstung, ein entscheidendes Ziel der OSZE, in Europa nur begrenzte Fortschritte gemacht. Das Wettrüsten wurde jedoch vorerst gestoppt und die in den 1980er Jahren aufgestellten gefährlichen Mittelstreckenraketen in Ost- und Westeuropa wurden wieder abgebaut.
Die Staaten des Mittleren und Nahen Ostens können nicht nach europäischem Muster unmittelbar mit der ökonomischen Integration beginnen, dazu sind ihre ökonomischen Systeme, ihr Lebensstandard und ihre kulturellen Erfahrungen viel zu verschieden. Sie können sich jedoch sehr wohl auf den Weg der gemeinsamen Sicherheit begeben, den Europa beschritten hat. Dieser Weg ist auch dringend geboten, weil alle beteiligten Staaten der Region daraus mittel- und langfristig Vorteile ziehen und darüber hinaus dadurch die Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden schaffen könnten. Dies gilt nicht zuletzt auch für Israel.
KSZMNO jetzt und ohne Vorbedingungen
Mittel- und langfristig zentrales Ziel einer KSZMNO müsste darin bestehen, die Schaffung einer atomwaffen- bzw. massenvernichtungswaffenfreien Zone im Mittleren und Nahen Osten zu ermöglichen. Neu ist diese Idee allerdings nicht. Seit 1957 haben Israel, Ägypten und Iran Initiativen ergriffen. 1974 verabschiedeten sogar die UN eine Resolution für eine nuklearfreie Zone im Mittleren Osten, die seitdem wie ein Ritual jedes Jahr aufs Neue verabschiedet wird, seit 1980 sogar einstimmig, d. h. also auch mit israelischer Zustimmung. Diese Idee, aber auch die Idee einer massenvernichtungswaffenfreien Zone (Mubarak-Initiative von 1990), war zentraler Gegenstand zahlreicher Verhandlungen zwischen Israel und den arabischen Staaten, die jedoch in einer Sackgasse endeten. Warum eigentlich?
Die Hauptursache des Scheiterns dieser Initiativen ist die maximalistische Forderung der Konfliktparteien. Während Israel stets die umfassende Friedensregelung mit den Palästinensern zur Voraussetzung für Gespräche über atomare Abrüstung erklärte, verlangten die arabischen Staaten genau die umgekehrte Reihenfolge. Beide Seiten haben offenbar das erst nach mehreren Jahren Verhandlungen zu erreichende Ergebnis zur Voraussetzung für den Beginn der Verhandlungen gemacht und sich damit gegenseitig blockiert.
Will man nicht auf ein Wunder warten, das verhindert, dass die Region zusammen mit Israel in den Abgrund stürzt, dann bleibt keine andere Wahl als die Konfliktformationen in ihrer Gesamtheit in Betracht zu ziehen und im Rahmen einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit einzubringen. Dazu müsste sie umgehend und ohne Vorbedingungen ins Leben gerufen werden. Die KSZMNO darf nicht als letzter Schritt, auch nicht als zweiter, sondern muß als allererster Schritt gesehen werden. Es kommt darauf an, eine Wende herbeizuführen - weg vom Geist der Selektion, der Spaltung und der Bildung von Konfliktallianzen, hin zum neuen Geist gemeinsamer Sicherheit und Kooperation. Die konkrete Aufgabe der Konferenz besteht darin, einen neuen Rahmen zu schaffen, der es allen Staaten im Mittleren und Nahen Osten ermöglicht, sich auf den Weg zu einem Dialog für gemeinsame Sicherheit und Kooperation zu begeben.
Einzige Voraussetzung für den Konferenzbeginn ist die unmittelbare Bereitschaft zum Dialog: Teilnehmen können alle Konfliktparteien, die keine Vorbedingungen stellen. Selbst eine kleinere Zahl von Teilnahmewilligen würde den Beginn der Konferenz rechtfertigen. Ihr Beginn würde dann voraussichtlich eine Dynamik in Gang setzen, der zu entziehen sich auf Dauer kaum eine der betroffenen Parteien wird leisten können.
Anstoß des Konferenzprozesses und potentieller Teilnehmerkreis
Grundsätzlich sollte es dem Konferenzprozess überlassen bleiben, wann und welcher Staat der Region sich ihm anschließt. Auf Grund ihrer Relevanz für den Gegenstand der Konferenz erscheint es sinnvoll, zwischen Kern- und Peripherie-Staaten im Großraum Mittlerer und Naher Osten zu unterscheiden. Zu den Kernstaaten gehören Ägypten, Israel, künftiger Palästinenserstaat, Libanon, Jordanien, Syrien, Zypern, die Türkei, Irak, Iran, Saudi Arabien, Kuwait, Bahrain, Katar, Vereinigte arabische Emirate, Oman und Jemen. Die kurdische Seite als ein wesentlicher Teil des Problems, aber auch als politischer und kultureller Faktor im Herzen der Region sollte nicht ausgeschlossen werden. Die peripheren Staaten sind im Norden und Osten alle zentralasiatische Staaten, sofern sie sich der Konferenz anschließen wollen, sowie Afghanistan. Hinzu kommen im Westen die mediterranen arabischen Staaten Tunesien, Libyen, Algerien und Marokko. Somit kann die KSZMNO langfristig den gesamten Raum zwischen Nordafrika und Pakistan von West nach Ost und zwischen dem Schwarzen Meer und dem Kaukasus bis zum Indischen Ozean von Nord nach Süd einschließen.
Eine genau so wichtige Frage ist, welche Staaten an KSZMNO ein prinzipielles Interesse hätten und welcher Staat bzw. welche Staatengruppe die Initiative für die KSZMNO ergreifen könnte. Dass die Initiative zu allererst in der Region selbst entstehen und in Gang kommen sollte, liegt auf der Hand. Das Interesse an diesem Prozess ist allerdings durchaus unterschiedlich. Die Staaten, die im Rahmen einer KSZMNO an Macht verlieren, dürften aller Wahrscheinlichkeit nach als Vorreiter ausscheiden. Demgegenüber kann davon ausgegangen werden, dass die meisten kleineren Staaten, die im Golf-Kooperationsrat (GCC) zusammengeschlossen sind und darüber hinaus auch jene Staaten zu den Befürwortern einer KSZMNO gezählt werden können, die in dieser Perspektive eine höhere Sicherheit für sich erwarten dürften als sie sie gegenwärtig haben.
Gemeinsame Sicherheit, Demokratisierung und Abrüstung
Die Perspektiven gemeinsamer Sicherheit sind die wirkungsvollste Garantie sowohl für die Demokratisierung als auch zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Atomwaffen und für Abrüstung.
Der Iran-Atomkonflikt kann nur im Kontext dieser Perspektiven auf Dauer gelöst werden. Dies setzt allerdings die Bereitschaft Israels voraus einzusehen, dass auch die Abrüstung ihrer atomaren und konventionellen Waffenarsenale zu mehr Wohlstand und Sicherheit führt. Unter den gegenwärtigen Bedingungen des Krieges würde Israels Bevölkerung in der permanenten Angst um die eigene Sicherheit gefangen bleiben.
Dazu müsste allerdings Israel die Kraft aufbringen, sich als integrationswilliger Bestandteil der islamisch-arabischen Welt zu begreifen. Diese mentale Umorientierung ist möglicherweise eine große Herausforderung für Israels Bevölkerung. Die Nachbarstaaten als solche zu akzeptieren und sich auf eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit ihnen einzustellen, ist allerdings eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden.
Internationale Unterstützung für die KSZMNO
Nach einer realistischen Beurteilung verfügt lediglich die EU über die größten Möglichkeiten, um eine langfristig angelegte KSZMNO auf vielfältige Weise zu unterstützen. Allerdings dominiert in der EU - dies dürfte nicht übersehen werden - die Position, Europas kurzfristige Energie- und Rohstoffinteressen entweder dadurch durchzusetzen, dass sich die EU der US-Hegemonie und dem bestehenden Unilateralismus unterordnet und damit notwendigerweise auch die Lasten der hegemonialen Ordnung mit den USA teilt, oder ein eigenes Hegemonialsystem samt dem militärischen Fundament in Konkurrenz zur US-Hegemonie aufbaut.
Dem gegenüber hätte die EU auch die realistische Chance, Europa als eine nachahmenswerte regionale Zivilmacht weiter zu entwickeln, um multilaterale und Frieden fördernde Strukturen in der Welt aufzubauen. Die eigenen langfristigen Interessen, die historischen Integrationserfahrungen nach 1945 und die politischen Folgen des KSZE-Prozesses stellen dafür eine unschätzbare Grundlage dar.
Initiiert von IPPNW e.V. Deutschland und IALANA Deutschland
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