Kommentar zum GKKE-Rüstungsexportbericht 2016

Sofortiger Stopp von Rüstungslieferungen in Kriegs- und Krisen­gebiete

14.12.2016 Gerade erschien der Rüstungsexportbericht 2016 der Gemeinsamen Konferenz Kir­che und Entwicklung (GKKE), der wichtige Dokumente wie den Rüstungsexport­bericht 2015 der Bundesregierung auswertet. Aus friedenspolitischer Sicht fällt dabei folgendes ins Auge: 1. Deutschland hat im Jahr 2015 fast doppelt so viel Rüstungsgüter exportiert wie 2014. Zitat: "Im Jahr 2015 hat die Bundesregierung hinsichtlich kommerzieller Rüstungsexporte insgesamt Einzel- und Sammelausfuhrgenehmigungen im Wert von knapp 12,82 Milliarden Euro erteilt. Dies stellt eine Steigerung von 96 Prozent im Vergleich zum Vorjahr dar."

2. Zu den wichtigsten Empfängerländern gehörte u.a. Katar, das 2015 Rüstungsgüter im Wert von 1,6 Milliarden Euro erhielt. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass Katar zur Konfliktregion Nahmittelost gehört und konkret in den Krieg im Jemen involviert ist. Die Bundesregierung verstößt damit gegen ihre eigenen Rüstungsexport-Richtlinien - einer der Gründe, warum die GKKE eine gesetzliche Regelung des Rüstungsexports fordert, ein Rüstungsexport-Gesetz.

3. Vergessen wird dabei, einen Blick auf den Krieg in Syrien zu werfen. Dieser ist derzeit nicht nur der weltweit größte und mörderischste Krieg (ca. 500.000 Tote innerhalb von 5 Jahren, fast 5 Millionen Auslandsflüchtlinge und noch deutlich mehr Binnenflüchtlinge, somit sind mit weit mehr als 10 Millionen inzwischen mehr als die Hälfte der EinwohnerInnen Vertriebene und die Lebenserwartung ist von 70 auf inzwischen etwa 55 Jahre gefallen). Hier hat Katar - und ebenso Saudi-Arabien, das laut dem GKKE-Bericht ebenfalls weiterhin zu den großen Rüstungskunden Deutschlands zählt - durch finanzielle und logistische Förderung des IS und anderer islamistischer Netzwerke eine massiv eskalierende Schlüsselrolle. Triebfeder sind dabei eigene Hegemonialinteressen der Golfmonarchien, die auch innenpolitisch keinerlei Rücksicht auf Menschenrechte nehmen und bei denen es sich faktisch um mit Spitzentechnologie in Milliardenhöhe hochgerüstete Diktaturen handelt - ganz wesentlich unter der Ägide des deutschen SPD-Wirtschaftsministers.

Diese Rolle im Syrienkrieg darf nicht weiter im bisherigen Maß ignoriert werden, wenn man Tod und Verwüstung in Syrien und Jemen von deutscher Seite wirklich Einhalt gebieten will. Denn zeitgleich werden (just auch aus der SPD, sekundiert von den Grünen) lautstark und mit großer humanitärer Geste Forderungen nach einer Flugverbotszone erhoben und eine offene militärische Konfrontation mit Russland dabei offenbar in Kauf genommen. Außerdem wird von der Großen Koalition für die Verlängerung des Bundeswehr-Syrienmandats gestimmt - in dessen Rahmen von der Türkei aus, die selbst zu den massiv eskalierenden Kriegsparteien gehört, deutsche Soldaten Dinge tun, die der Transparenz und Kontrolle durch den Bundestag durch Erdogans Besuchsverbote in hohem Maße entzogen sind.

Wir fordern daher:

  • sofortiger vollkommener Stopp von Rüstungslieferungen in Kriegs- und Krisen­gebiete sowie in diejenigen Staaten, die ihrerseits in solche Gebiete liefern;
  • sofortiger Ersatz der Politik des Stellvertreterkrieges und der Eskalation ("Regime Change") durch echten Dialog, der mit der Aufrechterhaltung der diplomatischen Blockade der syrischen Regierung nicht vereinbar ist, weil sie diesen Dialog blockiert;
  • sofortige Beendigung des Syrien-Embargos, weil es nicht der Deeskalation, sondern dem hegemonialpolitisch begründeten Regime Change dient und das immense Leiden der syrischen Bevölkerung laut UN-Bericht noch massiv vergrößert;
  • Unterstützung der GKKE-Forderung nach einem Rüstungsexport-Gesetz noch vor Ende der Legislaturperiode.

    Christoph Krämer, IPPNW-Arbeitskreis Süd-Nord

Den GKKE-Rüstungsexportbericht 2016 finden Sie unter www3.gkke.org/fileadmin/files/downloads-allgemein/16_12_12_Ruestungsexportbericht.pdf

Die Studie des Syrian Centre for Policy Research von Februar 2016 ist abrufbar unter www.theguardian.com/world/2016/feb/11/report-on-syria-conflict-finds-115-of-population-killed-or-injured

zurück

Stellenangebote

Bundesfreiwilligendienst

Die IPPNW sucht eine*n Bundesfreiwillige*n zur Unterstützung des Vereins in der Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung, ab dem 1. August 2024, für 38 Wochenstunden, für bis zu einem Jahr.

ippnw blog

Warum Tschernobyl auch heute noch aktuell ist

Vor 38 Jahren, am 26.4.1986, explodierte der Reaktor Nr. 4 des ukrainischen AKWs in Tschernobyl, nahe der Grenze zu Weissrussland. Die anschließende radioaktive Wolke betraf weite Teile Europas und brachte uns allen die Gefährlichkeit und Unbeherrschbarkeit der Atomenergie ins Bewusstsein.

Mehr...

Navigation