IPPNW-Pressemitteilung vom 11. Juli 2024

IPPNW kritisiert Pläne zur Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland

NATO-Gipfel in Washington

Die ärztliche Friedensnobelpreisträger-Organisation IPPNW kritisiert den Beschluss weitreichende US-Waffensysteme in Deutschland zu stationieren als weitere Stufe der Eskalation und brandgefährlich. Mit der Ankündigung neue Mittelstreckenraketen vom Typ Tomahawk nach Deutschland zu bringen, werden erstmals seit dem Abzug der atomaren Mittelstreckenraketen im Jahr 1991 im Zuge des INF-Abkommens wieder Raketen auf deutschem Boden stationiert. Am 1. Februar 2019 hatten die USA das INF-Abkommen zum Verzicht auf Mittelstreckenrakten aufgekündigt. Zudem ist die Einrichtung eines neuen Ukraine-Kommandos in Wiesbaden ein weiterer Eskalationsschritt, der Deutschland tiefer in den Krieg hineinzieht.

„Der Konflikt um die Entwicklung der sowjetischen SS-20-Raketen und der NATO-Doppelbeschluss im Jahr 1979 hat die Welt an den Rand eines Atomkriegs gebracht. Wer den Krieg verhindern will, muss den Frieden vorbereiten, statt weitere Schritte in Richtung atomarer Eskalation zu gehen“, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. Die IPPNW fordert als ersten Schritt eine Risikominderung: Die drei westlichen Atommächte USA, Großbritannien und Frankreich sollten gemeinsam mit China auf Russland zuzugehen und eine Doktrin des Verzichts auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen erklären. Die Verhinderung eines Atomkrieges und die Beendigung des Ukrainekrieges gehören zusammen und müssen für die Bundesregierung oberste Priorität haben, so die IPPNW. Zur Vermittlung würden China und weitere Staaten des globalen Südens gebraucht. Die Bundesregierung könne beispielsweise den 6-Punkte-Plan von China und Brasilien vom 23. Mai 2024 unterstützen.

Die Zeichen einer atomaren Eskalation mehren sich. Weltweit werden laut dem schwedischen Friedensinstitut SIPRI die Atomarsenale aufgerüstet und Abkommen gekündigt: Neben dem INF-Vertrag kündigten die USA 2002 den Vertrag zur Begrenzung der Raketenabwehr und im Jahr 2020 den Vertrag über den Offenen Himmel. Im Bereich der strategischen Nuklearwaffen gibt es nur noch den New-Start-Vertrag, der aber 2026 ausläuft und dessen Inspektionen Russland im Zuge des Ukrainekrieges eingestellt hat.

Derweil droht Russland mit Atomwaffen, die Ukraine greift russische Frühwarnsysteme an und die Bundesregierung erteilt der Ukraine die Erlaubnis, im Ukrainekrieg deutsche Waffen auch auf russischem Territorium einzusetzen. Der russische Politologe Dmitri Trenin empfiehlt in einem Text vom 21. Juni 2024 die russische Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen zu senken. Anstelle der „Bedrohung der Existenz des Staates“ sollte eine der Bedingungen für den Einsatz von Atomwaffen die „Bedrohung der lebenswichtigen Interessen des Landes“ sein. Ein ehemaliger nationaler Sicherheitsberater von Donald Trump fordert laut der New York Times, Washington müsse "neue Atomwaffen auf ihre Zuverlässigkeit und Sicherheit in der realen Welt testen."

Weitere Informationen:

Wiesbadener Erinnerung: Es gibt keine Sicherheit mit nuklearen Massenvernichtungsmitteln
Die gegenseitige nukleare Abschreckung funktioniert nur noch beschränkt, Dmitri Trenin
Petition gegen die atomare Bedrohung
Weitere Informationen zu Tomahawk-Marschflugkörpern bei Atomwaffen A-Z
Hyperschallkriege: Eine neue Ära des militärischen Wettrüstens?, Artikel von Ralph Urban

Kontakt:
Angelika Wilmen, IPPNW-Friedensreferentin, wilmen@ippnw.de, 030 698074-13

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