Schutz für Deserteure aus der Ukraine, Russland und Belarus!

Aktion zum Internationalen Tag der Menschenrechte

08.12.2022 Friedens- und Menschenrechtsorganisationen haben am 8. Dezember 2022 anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte vor dem Europäischen Haus in Berlin demonstriert. Sie forderten Schutz und Asyl für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus Russland, Belarus und der Ukraine. Kyryl Molchanov von der Ukrainischen Pazifizistischen Bewegung erklärte auf der Kundgebung, dass in der Ukraine bereits mehrere Kriegsdienstverweigerer zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden seien. Allen Männern im Alter von 18-60 Jahren sei es verboten, ohne Genehmigung der Militärbehörden ins Ausland zu reisen oder den Wohnsitz zu wechseln. Diese Politik sei nicht mit den Menschenrechten vereinbar. Auch gebe es Repressionen wegen kriegsfeindlicher Äußerungen. Ukrainische Kriegsdienstverweigerer suchten nach Möglichkeiten, das Land zu verlassen und Zuflucht zu finden.

„Wir sehen eine Militarisierung der wirtschaftlichen und politischen Systeme und eine Kultur der Gewalt. Die seltenen Proteste gegen den Krieg in Russland und in der Ukraine wurden von den Regierungen als Provokationen des Feindes abgetan", so Kyryl Molchanov.

Olga Karach, von der belarussischen Menschenrechtsorganisation “Nash Dom" (deutsch: "Unser Haus") forderte einen  humanitären Korridor nach Europa für belarussische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. Präsident Lukaschenko führe eine geheime Mobilisierung von belarussischen Männern im Alter von 18 bis 65 Jahren durch. Die Wagner-Gruppe sei derzeit in Belarus und bilde belarussische Männer aus. "Wir treten mit unserer Kampagne für das Recht der belarussischen Männer ein, sich dem Dienst in der Armee zu verweigern und keine Waffen in die Hand zu nehmen. Mehr als 3 Millionen Menschen haben unser Informationsmaterial angesehen, was bedeutet, dass dieses Thema den Belarussen auf den Nägeln brennt", so Olga Karach, die im Exil lebt. Je mehr Deserteure die EU aufnehme, desto weniger Kämpfer würden Putins Krieg unterstützen.

Verlesen wurde auf der Aktion zudem ein Interview mit  Mark Romankov, Kriegsdienstverweigerer aus Russland. "Meine Partnerin kommt aus der Ukraine, wie auch ihre Eltern. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie es ist, in einer Armee zu dienen und gegen ihre Familie zu kämpfen. Das ist völlig unvorstellbar", so Romankov.

„Zehntausende in Russland, Belarus und der Ukraine wollen sich nicht am Krieg beteiligen, wo auch immer. Sie desertieren, verweigern den Dienst, verweigern die Befehle oder entziehen sich der Rekrutierung. Mit ihrer Verweigerung sagen sie auch: Stoppt das Töten!“, so Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V. „Wir gehen davon aus, dass mehr als 150.000 Russland und 22.000 Belarus verlassen haben, um nicht am Krieg teilnehmen zu müssen, um nicht rekrutiert zu werden. Und nur wenige Tausend schafften es in die Europäische Union. Für uns ist klar: Kriegsdienstverweigerer und Deserteure brauchen unsere Unterstützung!“, so Friedrich. In der Ukraine hätten sich mehr als 140.000 Männer der Kriegsbeteiligung entzogen und seien ins Ausland geflohen. Derzeit hätten ukrainische Staatsbürger einen befristeten Aufenthalt in der Europäischen Union.

Die Organisator*innen übergaben nach der Kundgebung eine europaweite Petition, mit der die Europäische Union dazu aufgefordert wird, den Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren aus Russland, Belarus und der Ukraine den notwendigen Schutz zu garantieren. Der Aufruf wurde bereits von weit mehr als 5.000 Personen unterzeichnet. Zudem haben mehr 100 als Organisationen aus über 20 Ländern mit einem Appell an den Bundestag und einem Aufruf an das Europäische Parlament die Forderungen gegenüber den Parlamenten stark gemacht.

„Angesichts des Krieges in der Ukraine brauchen wir eine klare Zusage der deutschen Bundesregierung und der europäischen Institutionen“, so Rudi Friedrich, „dass bei Desertation und ausdrücklich auch bei Militärdienstentziehung in Russland Flüchtlingsschutz garantiert wird. Bislang sollen nur Deserteure und Oppositionelle aus Russland geschützt werden. Militärdienstentzieher sind von den Schutzversprechen jedoch ausdrücklich ausgenommen. Ein echter Schutz für alle, die sich dem Krieg verweigern, ist schon lange überfällig.“

Veranstalter der Aktion waren neben der IPPNW die antimilitaristische aktion berlin (amab), Connection e.V., Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK), NaturFreunde Deutschlands und Pax Christi.

Hier finden Sie die Reden der Demo:
Kyryl Molchanov (Ukrainische Pazifistische Bewegung)
Olga Karach (Our House)
Rudi Friedrich (Connection e.V.)
"Solidarität mit Ernst-Ludwig Iskenius"

Fotos der Aktion:
https://www.flickr.com/photos/ippnw/albums/72177720304299416

 

 

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Ansprechpartnerin

 

Anne Jurema
Referentin "Soziale Verantwortung"
Tel. 030/698074 - 17
Email: jurema[at]ippnw.de

Materialien

Empfehlungen für heilberuflich Tätige in Abschiebesituationen
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IPPNW-Report: Gesundheitliche Folgen von Abschiebungen
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IPPNW-Forum 164: „Mitwirkung bei Abschiebungen: Ärzt*innen zwischen Gesetzen und Ethik“
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Dokumentation: Best Practice for Young Refugees. Ergebnisse und Beiträge einer internationalen Fachkonferenz  
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