IPPNW-Pressemitteilung vom 22. Februar 2024

Ärzt*innenorganisation fordert Strategiewechsel der Bundesregierung

Zwei Jahre Ukrainekrieg

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert anlässlich des zweiten Jahrestages des Ukrainekrieges einen Strategiewechsel der Bundesregierung und der EU. Der ausschließliche Fokus auf Waffenlieferungen und Sanktionen hat nicht zu Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen geführt. Darauf verweist auch das Waffenstillstandspapier der IPPNW, das heute in seiner sechsten Auflage veröffentlicht wird. Auch die Lieferung weitreichender Waffensysteme bringt uns dem Frieden nicht näher und birgt zugleich das Risiko, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen wird. Ein Sieg der Ukraine erscheint zunehmend unrealistisch, es könnte sogar eine Niederlage drohen. Mit den US-Präsidentschafts- und Kongresswahlen im November 2024 droht zudem der Verlust der finanziellen und militärischen Unterstützung durch die USA.

„Die westliche Staatengemeinschaft muss auf diese Realitäten eine Antwort finden, die über Waffenlieferungen und finanzielle Unterstützung der Ukraine hinausgeht. Weder Russland noch die Ukraine können diesen Krieg mit militärischen Mitteln für sich entscheiden und ihre Ziele erreichen. Die Unterstützerstaaten der Ukraine in NATO und EU müssen Druck auf die ukrainische Regierung ausüben für einen Prozess hin zu Verhandlungen, um weiteres katastrophales humanitäres Leid und Zerstörung zu verhindern“, erklärt Dr. Lars Pohlmeier, Vorsitzender der IPPNW.

Der Ukrainekrieg hat laut Zählungen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte bis zum 31. Januar 2024 mehr als 10.000 zivile Todesopfer in der Ukraine gefordert, darunter mindestens 579 Kinder. Gemäß dem Militärexperten Wolfgang Richter vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik sind 120.000 ukrainische Soldaten gefallen oder schwer verletzt, auf russischer Seite geht er von 250.000 gefallenen oder verletzten Soldaten aus. Zudem ist die Zerstörung ukrainischer Infrastruktur immens. Laut der "Kyiv School of Economics" wurden bereits bis Sommer letzten Jahres fast 170.000 Gebäude zerstört. Der Klimaforscher Lennard de Klerk schätzt, dass der Ukrainekrieg allein im ersten Jahr etwa so viele klimaschädliche Emissionen verursacht hat wie ein Land der Größe von Belgien im gleichen Zeitraum.

Mit jedem Tag, den der Krieg andauert, droht zudem das Risiko einer Eskalation. „NATO-Manöver wie Steadfast Defender an der Grenze zu Russland sowie Diskussionen über eine mögliche Bewaffnung der EU mit Atomwaffen sind hier alles andere als hilfreich. Zu glauben, die atomare Abschreckungsdoktrin schaffe Sicherheit, ist ein Mythos. Die atomare Aufrüstung Europas würde uns im Gegenteil an den Rand eines Atomkrieges führen. Wir fordern alle Beteiligten auf, bestehende Rüstungskontrollverträge einzuhalten und auf UN-Ebene wieder in atomare Abrüstungsverhandlungen einzutreten“, so Lars Pohlmeier.

Die Dynamik für eine diplomatische Lösung des Krieges hat sich durch Friedens- und Vermittlungsinitiativen von Staaten des globalen Südens - vor allem Brasilien, China, Indien und Südafrika - verstärkt. Laut der New York Times vom 23. Dezember 2023 hat Präsident Putin über Mittelsmänner signalisiert, dass er für einen Waffenstillstand offen ist, der die Kämpfe entlang der gegenwärtigen Linien einfriere. Er habe sein Ziel aufgegeben, einen Regierungswechsel in der Ukraine zu erreichen. Auch wenn die Bedingungen Putins nicht akzeptabel sind, ist das dennoch ein Anknüpfungspunkt, einen Prozess für Verhandlungen einzuleiten.

Trotz massiver Repression gibt es in Russland nach wie vor zivilen Widerstand. Diesen Widerstand gilt es zu unterstützen. Nach dem Tod des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny sind in Russland Hunderte mutige Menschen auf die Straße gegangen, um Blumen nieder zu legen. Ein politisches Signal an Präsident Putin wäre zudem, den Menschen aus Russland, die sich dem Krieg verweigern, in Deutschland und der EU Schutz zu gewähren.



Weitere Informationen:
Am 23. und 24. Februar ruft das Bündnis „Stoppt das Töten in der Ukraine“ deutschlandweit zu Protesten für friedenspolitische Lösungen im Ukraine-Krieg auf, u.a. mit der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann. Kundgebungen finden in Berlin, Frankfurt, Köln, Stuttgart und Hamburg statt. Mehr Infos gibt es hier.

Weitere Informationen finden Sie im IPPNW-Papier „Waffenstillstand und Friedensverhandlungen für die Ukraine

Pressekontakt:
Angelika Wilmen, IPPNW-Friedensreferentin, wilmen[at]ippwn.de, Tel. 030 – 698074-13

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