International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN)
Patient Menschheit - Ein Rezept fürs Überleben

Von Anbeginn des nuklearen Zeitalters haben Ärzte weltweit an den Ursachen der nuklearen Epidemie geforscht, ihre Ansteckungsgefahr erkannt und nach potentiellen präventiven und therapeutischen Interventionsmöglichkeiten gesucht. Kein anderer Erreger hat die Kapazität Hunderte von Millionen zu töten, die menschliche Zivilisation zu beenden und lebensnotwendige Grundlagen des Ökosystems innerhalb weniger Stunden zu zerstören. Und selbst bei einer „kleinen“ nuklearen Explosion würden die Kapazitäten der besten Gesundheitssysteme nicht ausreichen, um die Versorgung der Opfer zu gewährleisten.
Die neuste Kampagne der IPPNW, die International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN) schlägt deshalb eine umfassende Behandlung vor: Eine nukleare Waffenkonvention (Nuclear Weapons Convention - NWC). Ähnlich wie die Konventionen für chemische und biologische Waffen wäre die NWC eine Ergänzung des bereits existierenden Rahmens, in dem atomare Abrüstung vorangetrieben werden soll. Eine solche Konvention könnte uns aus dem Stillstand befreien, in dem der Abrüstungsprozess sich momentan befindet.
Im Mai 2007 präsentierte die IPPNW in Zusammenarbeit mit Partnergruppen die aktualisierte Modellkonvention ‘Securing Our Survival’ (Unser Überleben sichern) als eine der Hauptinitiativen von ICAN. In ihr wird die Entwicklung, das Testen, die Produktion, die Aufstockung, die Weitergabe, das Drohen mit und den Einsatz von Atomwaffen verboten.
In dem Modell wird ein gestufter Prozess dargelegt an dessen Ende die totale Vernichtung aller Atomwaffen steht: Herunterstufung des Status der höchsten Einsatzbereitschaft von Nuklearwaffen, Abzug der aufgestellten Atomwaffen, ihre Entfernung von Trägersystemen, Zerstörung der Sprengköpfe, Entfernung und Vernichtung der „pits“ (Zündmechanismus für Atomwaffen) und das Stellen des spaltbaren Materials unter internationale Kontrolle.
Nur ein einziger der größten sich zur Zeit in Alarmbereitschaft befindlichen Nuklearsprengsätze könnte durch seine Explosion mehr Energie freisetzen als alle im Zweiten Weltkrieg abgeworfenen Bomben – Little Boy und Fat Man eingeschlossen. Zehn Millionen von Toten und schwerwiegende, über Dekaden anhaltende Klimaveränderungen mit ernsten Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion von Lebensmitteln wären die Folgen eines Einsatzes von 100 Atombomben der Größenordnung von Hiroshima, die nur 1% des weltweit existierenden Nuklearwaffenarsenals ausmachen würden.
Das entsprechende Arsenal befindet sich nicht nur im Besitz der USA und Russlands, sondern auch in den Händen Chinas, Frankreichs, Indiens, Israels, Pakistans und Großbritanniens. Jeglicher Einsatz von Atomwaffen würde ernsthafte, unvorhersagbare und unkontrollierbare Risiken der Eskalation in sich bergen.
Zusätzlich ist die radioaktive Verstrahlung durch Nuklearwaffen unvergleichbar zerstörerisch, lang anhaltend und spart niemanden aus. Sie zerstört unser kostbarstes Erbe: unseren genetischen Fingerabdruck, der über unsere DNA and die Folgegenerationen weitergegeben wird.
Die Bedrohung durch die nukleare Epidemie wird verstärkt durch Armut, die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen und massive Investitionen in die Kriegsmaschinerien. Eine Welt, die geprägt ist durch Klimaveränderungen und immer häufiger auftretende Katastrophen, eine Welt voller Ungerechtigkeit, Flüchtlingen und Machthabern mit ihrem Finger am atomaren Drücker, ist der denkbar schlechtste Ort für Nulearwaffen.
Auch jeder zivile Atomreaktor birgt das Risiko der Weitergabe in sich. Gewaltige Bestände an spaltbarem Material könnten für den Bau von Atomwaffen abgezweigt werden. Und die Gefahr des Terrorismus macht die Bekämpfung der nuklearen Bedrohung zusätzlich zu einem globalen Notfall.
ICAN bietet ein klares Ziel, hinter das sich diverse Gruppierungen in ihrem Engagement gegen Atomwaffen stellen können. Bestehende Energien und Ressourcen müssen nutzbar gemacht werden, um ein stärkeres Netzwerk und eine breitere Bewegung aufzubauen. Seit ICAN und SOS während der NPT-PrepCom im Mai 2007 in Wien ins Leben gerufen wurden, haben zahlreiche IPPNW-Sektionen weltweit nationale Kampagnen ins Leben gerufen und sind neue Partnerschaften mit lokalen Abrüstungs- und Friedensgruppen eingegangen.
Die australische IPPNW-Sektion (MAPW) hat Spenden der Poola Stiftung erhalten, um sich um die Koordination innerhalb des Netzwerkes und die logistische Unterstützung zu kümmern. In Malaysia übte die Sektion Druck auf die Regierung aus, SOS vor der UN-Vollversammlung zu präsentieren. IDPD in Indien hat zahlreiche Kampagnen gestartet und Treffen im ganzen Land organisiert. Die US-amerikanische Sektion (PSR) entwickelt im Rahmen der ICAN-Kampagne Materialien, mit dem Ziel die Aufmerksamkeit auf die klimatischen Auswirkungen eines begrenzten Atomkrieges zu lenken. Unterstützter der Kampagne sind bis jetzt die Mayors for Peace (Bürgermeister für den Frieden), Abolition 2000, Womens’ International League for Peace Freedom, Campaign for Nuclear Disarmament and Mouvement de la Paix. Es bestehen viele Möglichkeiten um die weltweite Bewegung für Abrüstung wieder mit Leben zu füllen. Hier in Deutschland arbeiten wir in diesem Sinne mit dem Aktionsbündnis unsere zukunft atomwaffenfrei, Abolition 2000 und vielen anderen Gruppen, die sich für Frieden und Abrüstung engagieren, zusammen.
Wir brauchen einen globalen therapeutischen Ansatz: ein überprüfbares internationales Abkommen, das auf dem Atomwaffensperrvertrag aufbaut und auf Abrüstung und Nichtverbreitung ausgerichtet ist – auf die Abschaffung aller Atomwaffen, die sichere Lagerung des spaltbaren Materials und die Verhinderung seiner weiteren Produktion. Wir brauchen all das schnell, bevor die schlimmsten Waffen des Terrors jemals wieder gegen uns eingesetzt werden können.