Schreiben an Verteidigungsminister Boris Pistorius

Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik

"Kriegstüchtigkeit" unvereinbar mit Grundgesetz

31.10.2023 Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius fordert, Deutschland müsse wieder »kriegstüchtig werden«. Dem widerspricht die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen entschieden. "Das Gegenteil ist richtig: In diesen Zeiten fortwährender kriegerischer Eskalationen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine und im Nahen Osten brauchen wir dringend deeskalierende Maßnahmen und erste Schritte hin zu einem Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik. Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt muss endlich durchbrochen werden". Der ehemalige IPPNW-Geschäftsführer Rolf Bader schreibt in einem Offenen Brief an Pistorius zudem, dass das Wort 'Kriegstüchtigkeit' mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Es "(...) widerspricht dem in der Präambel und im Art.1 Abs.2 GG verankerten Friedensgebot!"

Nach dem brutalen Überfall der Hamas mit 1.200 Toten und 220 Geiseln in Israel wurden durch die israelische Militärintervention bereits Tausende Menschen im Gaza-Streifen getötet, darunter viele Kinder. Die Rückkehr zu Völkerrecht, menschlicher Sicherheit und Frieden fällt nicht vom Himmel. Weder Hundertschaften von neuen Panzern und Kampfflugzeugen, weder Tausende von Drohnen und Artilleriegeschossen, weder Uranmunition noch Streumunition geschweige denn Atomwaffen können den Frieden in Europa sichern.

Ein Paradigmenwechsel hin zur Logik des Friedens würde konkret bedeuten, dass die Bundesregierung sich zusammen mit Frankreich gegenüber ihrem  US-amerikanischen Bündnispartner energisch für Gespräche zwischen den USA und Russland einsetzt, mit dem Ziel einer Wiederaufnahme von Rüstungskontrolle und vertrauensbildenden Maßnahmen. Zudem müssen die zusätzlichen Treibhausgasemissionen der gegenwärtigen Aufrüstung  im Hinblick auf den kommenden Klimagipfel in Dubai kritisch thematisiert werden.

Die Studie „Climate Crossfire“, die von der IPPNW mit herausgegeben wurde, berechnete, dass bis zum Jahr 2028 schätzungsweise weitere 2,6 Billionen US-Dollar für die Verteidigungshaushalte der 31 NATO-Länder anfallen, zusätzlich zu den ohnehin laufenden Militärausgaben. Diese Summe könnte die gesamten Kosten für die Anpassung an den Klimawandel für alle Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen sieben Jahre lang abdecken.

Statt auf eine „Kriegsertüchtigung“ zur Vorbereitung von Kriegen zu setzen, sollte die Bundesregierung sich fokussieren auf Maßnahmen für Klimaschutz und -resilienz, soziale Gerechtigkeit, Deeskalation und Diplomatie sowie auf die  Rolle als Vermittler zur Durchsetzung von internationalem Recht und Menschenrechten.

Weitere Informationen: Offener Brief an Boris Pistorius

zurück

Ansprechpartnerin

Angelika Wilmen

Angelika Wilmen
Referentin für Friedenspolitik
Tel. 030 / 698074 - 13
Email: wilmen[at]ippnw.de

Materialien

Klimakatastrophe und Aufrüstung: Plädoyer für eine neue, zivile Sicherheitspolitik
Klimakatastrophe und Aufrüstung:
Plädoyer für eine neue, zivile Sicherheitspolitik

PDF | Bestellen im Shop

IPPNW-Thema „Gegen die Militarisierung der EU – Europa als Friedensprojekt gestalten“
Online lesen | Im Shop bestellen

IPPNW-Forum 143/Sept 2015
"Die Waffen nieder! Zivilie Konfliktbearbeitung"
Online lesen | Im Shop bestellen

IPPNW-Studie: Peace through Health

Navigation