IPPNW-Pressemitteilung vom 01. März 2022

Erhöhte Bereitschaft der Atomstreitkräfte gefährdet den Weltfrieden

Russland und die NATO müssen Ersteinsatz von Atomwaffen offiziell ausschließen!

Die Friedensnobelpreisträger-Organisation IPPNW verurteilt die Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die “strategischen Abschreckungskräfte”, darunter Atomwaffen, in erhöhte Kampfbereitschaft zu versetzen. Dieser Schritt gefährdet den Weltfrieden. In Zeiten von Krieg und geopolitischen Spannungen ist jegliche Drohung mit Atomwaffen unverantwortlich. Auch ohne Absicht kann jederzeit eine Fehleinschätzung oder technisches Versagen zu einem Atomwaffeneinsatz führen.

Die IPPNW fordert die russische Regierung deshalb auf, die angekündigte Bereitschaft der nuklearen Streitkräfte zurückzunehmen und von einer Stationierung von Atomwaffen in Belarus Abstand zu nehmen. Gleichzeitig müsse die NATO besonnen auf Putins Ankündigung reagieren, ohne weiter eskalierend zu wirken, und auf Gegenmaßnahmen im nuklearen Bereich verzichten. Es wäre ein weiterer gefährlicher Schritt der Eskalation, sollte die NATO ihrerseits Atomwaffen in Osteuropa stationieren. Sowohl Russland als auch die NATO sollten jetzt öffentlich einen Ersteinsatz von Atomwaffen ausschließen.

In einem Atomkrieg gibt es keine Gewinner. Bereits ein einziger Sprengkopf, beispielsweise gegen Berlin eingesetzt, würde zu über 100 000 Toten, über einer Million Verletzten und weiträumiger Verstrahlung führen. Die gesundheitlichen Folgen eines Atomwaffeneinsatzes sind katastrophal und medizinisch nicht beherrschbar – unter anderem durch die radioaktive Strahlung, die Zerstörung medizinischer Infrastruktur und dem Tod von Gesundheitspersonal. Die USA und Russland verfügen derzeit gemeinsam über mehr als 3.500 einsatzbereite Atomwaffen. In einem Atomkrieg zwischen Russland und der NATO mit dem Einsatz von vielen Atomwaffen wäre die ganze Welt betroffen; das Klima würde sich so stark verändern, dass eine Hungersnot für Milliarden von Menschen drohen würde.

Ebenfalls besorgniserregend ist das gestrige Ergebnis eines Referendums in Belarus, in dem die Neutralität des Landes und der Status als atomwaffenfreie Zone aufgegeben wurden. Das ist gleichzusetzen mit einer Zustimmung zur Stationierung von russischen Atomwaffen in Belarus. Im November 2021 hatte Präsident Lukaschenko diese Art “nuklearer Teilhabe” von Belarus in Aussicht gestellt, sollte die NATO Atomwaffen in Osteuropa stationieren.

Die nukleare Abschreckung führt in einer angespannten Lage, wie dem Ukrainekrieg, leicht in eine Eskalationsspirale, die in einem Atomkrieg enden kann. Der Krieg in der Ukraine zeigt: Atomwaffen haben den Frieden in Europa nicht bewahrt, wie oft behauptet wird. Im Gegenteil: Atomwaffen machen eine ohnehin sehr gefährliche Lage zu einer existentiellen Bedrohung.

Am 22. Januar 2021 ist der UN-Verbotsvertrag in Kraft getreten. Der Krieg in der Ukraine zeigt die Aktualität und Notwendigkeit seiner Bestimmungen. Der Vertrag verbietet die Stationierung, Herstellung und auch die Drohung mit Atomwaffen. Er genießt die Unterstützung der Mehrheit der Staaten. Russland, die NATO und die übrigen Atomwaffenstaaten haben den Vertrag bisher boykottiert. Die IPPNW ruft angesichts der aktuellen Lage alle Atomwaffenstaaten auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben und dem AVV beizutreten. Atomwaffen sind geächtete Massenvernichtungswaffen. Sie dienen niemals dem Frieden, sondern sind Werkzeuge des Krieges.

 

Weitere Informationen:
Briefing "Krieg in Osteuropa: Am Rande einer humanitären Katastrophe!"

 

Kontakt:
Lara-Marie Krauße (Pressereferentinder IPPNW), Tel.: 030 698074-15, E-Mail: krausse@ippnw.de

 

 

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Das russische Außenministerium hat am 17. Dezember 2021 Vertragsentwürfe für gegenseitige Sicherheitsgarantien zwischen Russland und der NATO sowie zwischen Russland und den USA vorgelegt. Das Ostinstitut Wismar hat die russischen Vertragsentwürfe in einer inoffiziellen deutschen Übersetzung veröffentlich. Die Antwort der NATO an Russland wurde bisher nicht veröffentlicht.

Ansprechpartnerin

Angelika Wilmen

Angelika Wilmen
Referentin für Friedenspolitik
Tel. 030 / 698074 - 13
Email: wilmen[at]ippnw.de

Materialien


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