Till Bastian

Ehem. Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der deutschen IPPNW

Arzt und Schriftsteller, Geschäftsführer 1983-1986 und langjähriges Vorstandsmitglied der IPPNW.

Till Bastian war sowohl Sprecher, als auch Geschäftsführer, International Councillor, Erster Vorsitzender, Vorstandsmitglied und einfaches Mitglied der IPPNW. Er schrieb Bücher, Studien und Artikel, er referierte, gab Fernseh- und Rundfunk-Interviews, war zu Gast bei Talkshows. Er war einer der wichtigsten "Denker" in der IPPNW, der sich mit ihrer inneren Gesundheit und dem äußeren Profil beschäftigte. Ohne Bastian wäre die bundesdeutsche IPPNW in den 80er und frühen 90er Jahren kaum denkbar.

Geboren 1949 in München, studierte Till Bastian in Mainz bis 1976 Humanmedizin und promovierte 1977. Bis 1982 arbeitete er als niedergelassener Arzt in eigener Praxis, seither lebt er als freier Schriftsteller in Isny mit seiner Frau und zwei Söhnen.

1983-86 war Bastian Geschäftsführer der bundesdeutschen IPPNW. Er übernahm die Geschäfte von Horst-Eberhard Richter in Gießen und baute eine Geschäftsstelle in Heidesheim in West-Deutschland auf. Durch ihn wurde die IPPNW-Mitgliedschaft, die in den Jahren enorm wuchs, erstmals erfasst und betreut.

Für die internationale Ärzte-Organisation erarbeitete Bastian zwei große Studien über den Zusammenhang zwischen Umweltzerstörung und wachsender Kriegsgefahr. Der 1. Band in der IPPNW-Studienreihe Naturzerstörung: Die Quelle der künftigen Kriege wurde 1990 veröffentlicht. Städte, Flüchtlinge und Mangel kam in der IPPNW-Studienreihe als Band 2 1992 heraus. Die Studie behandelt den Zusammenhang einer wachstums-fixierten Weltwirtschaft und künftigen Weltkriegen. Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker urteilt darüber: "Diese Arbeiten gehören zum Wichtigsten, was in den letzten fünf Jahren geschrieben worden ist."

Gerade war der Golfkrieg 1991 zu Ende gegangen, als Bastian wieder in den neu-geeinten deutschen IPPNW-Vorstand gewählt wurde. Allein im ersten Halbjahr 1991 hielt er 22 Vorträge zum Thema Golfkrieg. Er wurde zunächst Erster Vorsitzender, legte dann aber Anfang 1992 eine kurze Pause ein, um in Baden-Württemberg als Abgeordneter für den dortigen Landtag zu kandidieren, allerdings ohne Erfolg.

An der Diskussion über die deutsche Beteiligung an "Friedens-Einsätzen" im Ausland, die der Krieg in ehem. Jugoslawien auslöste, nahm Bastian mit seinem unermüdlichen Schreiben teil und fragt u.a.: "Ist es nicht ein kultureller und geistiger Tiefpunkt, wenn die erste große öffentliche Diskussion über die Rolle des größeren Deutschlands in der Welt ausgerechnet über den Einsatz deutscher Soldaten geführt wird?" Bastian erarbeitet mit einigen KollegInnen das Perspektiven-Papier "Was heute nicht ganz richtig ist, kann morgen ganz falsch sein" 1992 im Auftrag des IPPNW-Vorstandes, in dem Vorschläge für die zukünftige Arbeit der IPPNW nach der Wende erörtert wurden. In diesem Papier stellte er fest, dass die IPPNW nach Ende des Kalten Krieges vor neuen Herausforderungen stand: "Nicht mehr die starre Konfrontation zweier Machtblöcke stellt die große Bedrohung der menschlichen Existenz dar. Es sind vielmehr Kriege, deren Ursachen nicht immer in das uns gewohnte Schema von wirtschaftlichen Interessen oder Sicherung von globalen Einfluss-Sphären passen."

1992 begründete er ein Forschungsinstitut "Umwelt, Kultur und Frieden". Im Oktober im gleichen Jahr wurde er von einer persönlicher Tragödie getroffen: sein Vater, Gert Bastian, brachte sich selbst und seine Lebensgefährtin Petra Kelly um. Nachdem er sich eine kurze Weile zurückzogen hatte, schrieb Bastian seine Gedanken über diese Gewalttat in dem Buch "Die Finsternis der Herzen" nieder.

Till Bastian war bei allen deutschen Zeitschriften über lange Jahre als Redakteur tätig: von "Rundbrief: Ärzte ./. Atomkrieg", "IPPNW-Forum" und der internationalen Fachzeitschrift "Medizin und Globales Überleben" von 1994 bis 1996. Letzteres wurde in englischer und deutscher Sprache von den US-amerikanischen und deutschen Sektionen der IPPNW zusammen mit der British Medical Journal herausgegeben. Nach einer Fusion mit der Zeitschrift "Arzt und Umwelt" des Ökologischen Ärztebundes 1997 wurde Bastian Redakteur der Fachzeitschrift "Umwelt-Medizin-Gesellschaft".

Im Sommer 1995 rief Bastian für die deutsche IPPNW zum Boykott französischer Produkte in der Fernsehrunde "Talk im Turm" auf, um gegen die französische Atomtest-Reihe im Südpazifik zu protestieren. Mehr als 22.000 Boykotterklärungen wurden dem Aussenministerium in Paris überreicht. Im gleichen Jahr, 50 Jahre nach den Abwürfen der Atombombe auf Hiroshima und Nagasaki veröffentlichte die IPPNW Wahnwitz Atomkraft. Von Anfang in Berlin bis Heute von Till Bastian, das die Geschichte der militärischen Nutzung der Atomenergie darstellt und kommentiert.

Er hat eine ganze Reihe von Sachbüchern verfasst, zuletzt "Lebenskünstler leben länger" sowie mehrere Kriminalromane.

Quellen

Bastian, Till: "Deutsche Verantwortung – deutsche Soldaten?" in IPPNW-Forum, Heft 13, März 1992

Bader, Rolf, Bastian, Till, Husak, Ralf, Kaatsch, Nicola, Roelen, Michael, Seidel, Jutta und Eberhard: "Was heute nicht ganz richtig ist, kann morgen ganz falsch sein" Perspektivpapier, 1992

Veröffentlichungen:

"Der unerhörte Ruf." Frankfurt 1981.

"Von der Eugenik zur Euthanasie", Verlagsgemeinschaft Erl, Bad Wörishofen 1981.

"Arzt, Helfer, Mörder" Paderborn, 1982.

"Katastrophenmedizin, oder: Die Endlösung der Menschheitsfrage", Berlin 1982; 2. Verbesserte Auflage unter dem Titel: "Atomkatastrophen und ihre Folgen". Neckarsulm 1986.

"Wir werden euch nicht helfen können. Ärzte gegen den Atomkrieg." (Hrsg.), Edition Freitag beim Robinson Verlag 1983

"Die heile Welt des Heilens", Franfurt 1984; 2. Erweiterte Auflage unter dem Titel "Die heile Welt der Medizin." Neckarsulm 1986.

"Nach den Bäumen stirbt der Mensch." Frankfurt 1984; 2. Auflage, München 1987

"Hat der Frieden eine Zukunft?" IPPNW, Heidesheim 1986.

"Wir warnen vor dem Atomkrieg. Dokumentation zum 5. Medizinischen Kongress zur Verhinderung des Atomkrieges in Mainz." (Hrsg.), Jungjohann Gesellschaft, Neckarsulm 1986.

"Bunker und Valium. Wie sich die Bundesrepublik auf den "Ernstfall" vorbereitet." München 1986.

"Abschied von der Abschreckung. Angst führt nicht zum Weltfrieden." Sonderdruck Nr. 348 aus Heft 9 der Blätter für deutsche und internationale Politik, 1987.

"Elemente eines abrüstungspolitischen Gesamtkonzepts." Sonderdruck Nr. 353 aus Heft 4 der Blätter für deutsche und internationale Politik, 1988.

"Herausforderung Freud", Stuttgart 1989.

"Denken – schreiben – töten. Zur neuen "Euthanasie"-Diskussion." Stuttgart, 1990.

"Naturzerstörung: Die Quelle der zukünftigen Kriege". IPPNW-Studienreihe Band 1, Berlin 1990.

"Auf dem Weg zu einer sozial verpflichteten Medizin/Thema: "Mobilität" (Mitherausgeber Karl Bonhoeffer) Stuttgart, 1990.

"Auf dem Weg zu einer sozial verpflichteten Medizin/Thema: "Behinderte" (Mitherausgeber Karl Bonhoeffer und K.L. Rost) Stuttgart, 1991.

"Auf dem Weg zu einer sozial verpflichteten Medizin/Thema: "Radioaktivität" (Mitherausgeber Karl Bonhoeffer) Stuttgart, 1991.

"Abschalten. Abrüsten. Nahziele der Friedens- und Ökologiebewegung." Sonderdruck Nr. 372 der Blätter für deutsche und internationale Politik, 1992

"Städte, Flüchtlinge und Mangel." IPPNW-Studienreihe Band 3, Berlin 1992.

"Europa und der Islam. Selbstbesinnung gegen neue Feindbilder.", Frankfurt/M 1992.

"Frieden schaffen mit deutschen Waffen. Krieg als Mittel der Politik? Plädoyer für ein ziviles Deutschland." PapyRossa Verlag, Köln 1993.

"Tödliche Eile. Die neue Religion: Tempo und Beschleunigung." Verlag Publik-Forum, Oberursel 1993.

"Was Kriegsverhütung heute bedeutet." IPPNW, Berlin 1993.

"Auschwitz und die "Auschwitz-Lüge". Massenmord und Geschichtsfälschung." Verlag C. H. Beck, München 1994.

"Plutonium – oder: Wer Pandoras Büchse öffnet..." IPPNW, Berlin 1994.

"Die Finsternis der Herzen. Nachdenken über eine Gewalttat." PapyRossa Verlag, Köln 1994.

"Wahnwitz Atomkraft. Vom Anfang in Berlin bis heute." IPPNW, Berlin 1995

"Zivilcourage. Von der Banalität des Guten." Rotbuch, Hamburg 1996.

"Die Angst der Eltern vor dem Kind" mit Maike Bastian. Beck'sche Reihe Band, München 1996

"Furchtbare Ärzte. Medizinische Verbrechen im Dritten Reich" Verlag C.H. Beck, München 1996.

"Furchtbare Soldaten. Deutsche Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg" Verlag C.H. Beck, München 1997.

"Die Sprache des Herzens. Von der Taubheit der Schulmedizin". Beck'sche Reihe Band, München 1998
"Niemandszeit. Deutsche Portraits zwischen Kriegsende und Neubeginn", Verlag C.H. Beck, München 1999

"Der Traum von Deutung. Einhundert Jahre Psychoanalyse zwischen Via regia und Holzweg." Vandenh. u. R., Gött. 1999
"Grundwissen Gesundheit" Klett Schulbuch, Stuttgart 1999.
"Homosexuelle im Dritten Reich. Geschichte einer Verfolgung." Verlag C.H. Beck, München 2000.
"Eine Hand im Park" Knaur-Verlag, München 1998.

"Der Blick, die Scham, das Gefühl" Eine Anthropologie des Verkannten
V&R, 1998

"Das Jahrhundert des Todes : zur Psychologie von Gewaltbereitschaft und Massenmord im 20. Jahrhundert" Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2000

"Lebenskünstler leben länger, Gesundheit durch Eigensinn", Kindler, 2000

"Tödliches Klima" Verlag: Riemann, München 2000.

"Sprung in die Tiefe", Knaur-Verlag, München 2001.

"Kinder brauchen böse Eltern. Erziehung zur Selbständigkeit". Droemer Knaur, Mchn. (2001)
"Krankheit auf Rezept? Die populären Irrtümer der Medizin." Verlag Kindler - 2001
"Die letzte Nacht..." Book on Demand, 2001

"Sinti und Roma im Dritten Reich. Geschichte einer Verfolgung." München 2001, C.H.Beck

"Wie behandle ich meinen Arzt? Ein Leitfaden für mündige Patienten". mit Ingrid Füller, Noch nicht erschienen, Kiepenheuer u. W., Köln

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