Artikel von Dr. Winfrid Eisenberg

Der Atomausstieg ist unvollständig

Die Atomfabriken Gronau, Lingen und der Ausstiegsbeschluss

14.04.2016 Die Urananreicherungsfabrik in Gronau und die nur 27 km davon entfernte Brennelementefabrik in Lingen produzieren Nuklearbrennstoff vorwiegend für den Export. Die beiden Fabriken wurden in den deutschen Atomausstiegsbeschluss nicht einbezogen. Bisher war dieser Skandal das Thema der zahlreichen lokalen und regionalen Bürgerinitiativen, das jedoch deutschlandweit in der Antiatombewegung kaum wahrgenommen wurde.

2016 hat die IPPNW dazu beigetragen, Gronau und Lingen im ganzen Land auf die Tagesordnung zu setzen. In der ganzseitigen Fukushima-Tschernobyl-Anzeige, die am 11.3. mit 2315 Unterschriften in der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht wurde, hieß es:

„Der Ausstiegsbeschluss ist unvollständig:
Die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau und die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen wurden „vergessen“  -  oder absichtlich ausgeklammert und nicht erwähnt?  
Beide Atomfabriken haben unbefristete Betriebsgenehmigungen. Die Konzerne URENCO (Gronau) und AREVA (Lingen) beliefern Atomkraftwerke in aller Welt mit Nuklearbrennstoff, so auch die belgischen Pannenreaktoren Doel und Tihange. Bis zur Katastrophe gab es auch Geschäftsbeziehungen mit dem Fukushima-Betreiber TEPCO. Warum setzt sich die Politik nicht gegen die transnationalen Konzerne durch und legt die Fabriken still?
Große Mengen abgereicherten Urans lagern in Gronau unter freiem Himmel  -  ein ungelöstes Problem und eine ständige Gefahr.“

Darüber hinaus gab es im Rahmen des IPPNW-Kongresses „5 Jahre Leben mit Fukushima - 30 Jahre Leben mit Tschernobyl“ Ende Februar in Berlin das Forum 14 „Die Atomfabriken Gronau, Lingen und der Ausstiegsbeschluss“, in dem das Thema unter verschiedenen Aspekten bearbeitet wurde, so auch unter internationalen und juristischen.

Schließlich war die IPPNW auch beim Ostermarsch in Gronau vertreten. Winfrid Eisenberg war mit Golden Misabiko gekommen und übersetzte seine leidenschaftliche Rede. Aus einem Bericht der „Westfälischen Nachrichten“:

"Gronau -  Golden Misabiko spricht englisch. Nur ein Wort hat der Träger des Nuclear-Free-Future-Awards auf Deutsch parat: „Heute!“ Heute, sofort, muss seiner Auffassung nach der Uranbergbau in seiner afrikanischen Heimat stillgelegt werden. „Der Uranabbau tötet Menschen“, sagte er am Karfreitag während der Auftakt-Kundgebung der Ostermärsche in NRW vor der Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau. Misabiko plädierte mit vollem Engagement für das Ende der Atomkraftnutzung: „Grenzen können mich nicht aufhalten“, rief er. Seine Aufgabe sieht er darin, über die Folgen zu informieren. In den Uranabbaugebieten blieben vernichtete Landschaft, vergiftetes Wasser und verpestete Luft zurück, kontaminiert mit Uran und seinen Zerfallsprodukten. „Den Menschen dort wurde das Paradies versprochen; stattdessen leiden sie an Krebs und anderen Krankheiten.“ Kinder kämen mit schrecklichen Fehlbildungen zur Welt. „Das ist die Wahrheit!“, beteuerte Misabiko und fragte: „Warum erlauben wir der Industrie, diese Bergwerke zu betreiben?“

Er wolle sich dafür einsetzen, dass die Uranreicherungsanlage keinen Nachschub mehr bekomme. Zum Schluss sagte er: „Leave the uranium in the ground!“ („Lasst das Uran in der Erde!“)

Von Dr. Winfrid Eisenberg

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