Fragen zum Stromwechsel

Endlich weg vom Atomstrom

17.01.2007 Noch immer sind viele Menschen Stromkunden der großen Atomkonzerne, obwohl sie die Nutzung der Atomenergie ablehnen. In den folgenden Fragen und Antworten werden gute Argumente geliefert, um sich leichter für einen Wechsel des Stromanbieters zu entscheiden. Die IPPNW gibt klare Antworten auf viele dieser Fragen, die den Stromwechsel erleichtern.


Warum sind noch nicht mehr Menschen zu einem atomstromfreien Stromanbieter gewechselt, obwohl mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Atomenergie ablehnen?

Das kann daran liegen, dass viele noch nicht wissen, wie einfach der Wechsel zu einem Ökostromanbieter ist und dass es auch gar nicht teurer zu sein braucht. Sie denken, das sei mit viel Papierkram und Unsicherheit verbunden. Sie zweifeln, ob der Strom auch weiterhin ohne alle Probleme aus ihrer Steckdose kommt. Außerdem beenden manche nur ungern die langjährige Bindung zum gewohnten Stromversorger und scheuen einen neuen, ihnen unbekannten Stromlieferanten. Auch fällt eine Kündigung leichter, wenn man sich geärgert hat, z. B. über kleinere technische Probleme. Die gibt es auf dem Strommarkt zum Glück kaum. Sollte man sich aber nicht vielmehr ärgern über die großen Probleme mit Strom aus Atomkraftwerken und schmutziger Kohle und entsprechende Konsequenzen ziehen? Mehrere hunderttausend Haushalte haben schon ihre ökologische Entscheidung getroffen und sind seit langem zufriedene Kunden der Ökostromanbieter.

 

Kann ich sicher sein, dass ich auch Ökostrom erhalte, wenn ich Ökostrom bestelle? Kommt dann wirklich "grüner" Strom aus meiner Steckdose?

Nein, der Strom, der aus Ihrer Steckdose kommt, bleibt der gleiche wie vorher. Man kann sich das Stromnetz als einen großen See vorstellen. Dieser See muss immer den gleichen Wasserstand haben. Als Stromkunde zapfen Sie an der einen Stelle Ihren Strom aus dem See, und dafür muss Ihr Stromversorger an einer anderen Stelle die gleiche Menge Strom einspeisen. Wenn Sie zu einem Ökostromanbieter wechseln, bekommen Sie damit keinen "sauberen" oder "grünen" Strom aus Ihrer Steckdose, aber Sie tragen dazu bei, dass der See insgesamt sauberer wird, weil Ihr Ökostromversorger in Ihrem Auftrag ja nur sauberen Strom in den See einspeist. Die Zertifizierung stellt sicher, dass die Ökostromversorger genau so viel sauberen Strom in den See einspeisen, wie Sie auch verbrauchen. Mit jedem Kunden, der zu einem Ökostromversorger wechselt, steigt die Nachfrage nach sauberer Erzeugung.

 

Beruflich kann ich mir keine Stromunterbrechung leisten. Ist Ökostrom sicher?

Da Sie Ihren Strom ohne jede Unterbrechung weiterhin aus der Steckdose beziehen, kommt es bei einem Wechsel des Anbieters zu keinerlei Unterbrechungen der Stromversorgung. Der Stromwechsel verläuft völlig problemlos. Er ist auch nicht zu vergleichen beispielsweise mit dem Wechsel beim Telefon zu einem anderen Telefonanbieter, wo es häufig zu Problemen und Zeitverzögerung bei der Installation kommt. Der Ökostromanbieter regelt den Übergang für Sie mit dem örtlichen Netzbetreiber, der dazu verpflichtet ist, Sie absolut unterbrechungsfrei mit Strom zu versorgen. Sie persönlich merken den Wechsel des Anbieters überhaupt nicht.

 

Ist Ökostrom teuer?

Nicht unbedingt, obwohl die umweltfreundlichere Qualität einen solchen Mehrpreis rechtfertigen würde. Oft ist der Preisunterschied pro Kilowattstunde zwischen erneuerbar und konventionell erzeugtem Strom nur noch gering. Teilweise sind Ökostromanbieter sogar billiger als konventionelle Stromanbieter. Aktuellen Presseberichten zufolge liefern die Elektrizitätswerke Schönau EWS oder das Hamburger Unternehmen Lichtblick in einigen Regionen günstigeren Strom als der einst als Billiganbieter angetretene Versorger Yello aus dem Hause des Atomkonzerns EnBW. Der Vergleichspreis des konventionellen Stromanbieters vor Ort unterscheidet sich also auch regional sehr stark. Deswegen und weil Kunden ganz unterschiedliche Strommengen beziehen, ist es für preisbewusste Kunden zu empfehlen, sich für die benötigte jährliche Durchschnittsmenge einfach einen Preisvergleich bei den Anbietern einzuholen. Es ist alles im Internet zu finden oder bei den Anbietern telefonisch zu erfragen. Der Wechsel zu einem Ökostromanbieter ist übrigens kostenlos.

 

Ist Ökostrom nicht langfristig teurer als fossil-nuklearer Strom?

Wegen der zunehmenden globalen Konkurrenz um die knappen Energierohstoffe Uran, Erdöl und Erdgas steigen schon jetzt die Kosten für diese konventionellen Energieträger. Hinzu kommen die gewünschten Profitraten der Großkonzerne, die sie auf den Strompreis aufschlagen. Viele Unternehmen der konventionellen Stromwirtschaft erwarten eine Eigenkapitalrendite von mindestens 15 Prozent, während sich die Ökostromanbieter zumeist mit geringeren Gewinnen zufrieden geben. Wegen des zunehmenden Booms der erneuerbaren Energien werden diese immer billiger. Regional in dezentralen Energieanlagen gewonnener Strom unterliegt weniger stark den weltweiten Konkurrenzbedingungen. Strom aus erneuerbaren Energien hilft deshalb auch mit, sich vom zunehmenden weltweiten Kampf um die Ressourcen unabhängig zu machen.

 

Was machen die Ökostromanbieter mit dem Geld der Ökostromkunden?

Der Ökostrom kommt zum Teil aus älteren und zum Teil aus relativ neuen Anlagen. Wichtig ist vor allem, dass möglichst viele Neuanlagen errichtet werden, weil sich dadurch der Strommix verändert. Stromerzeugung wird von fossilen und nuklearen Großkraftwerken auf umweltfreundliche Bereitstellung verlagert. Mit dem "zusätzlichen Geld" können also mehr Investitionen in Neuanlagen getätigt werden. In den "Energie-See" fließt mehr Ökostrom. Die Energiewende schreitet zügiger voran.

 

Ich will keinen Atomstrom. Aber was ist mit Strom aus Kohlekraftwerken?

Klimaforscher vermuten, dass der zu beobachtende Klimawandel unter anderem auf den Ausstoß von Kohlendioxid zurückzuführen ist. Das Vorsorgeprinzip gebietet daher, von der Kohleverstromung möglichst schnell wegzukommen. Dies ist auch deshalb erforderlich, weil die Reichweite der Kohlevorräte begrenzt ist. Die Kohle ist viel zu wertvoll, um sie in wenigen Generationen zu verbrennen. Nach dem Ende des Ölzeitalters wird sie möglicherweise noch für chemische Prozesse dringend benötigt. Generell stellt die heimische Kohle eine wichtige strategische Reserve dar, die man nicht einfach verfeuern sollte, wenn andere Möglichkeiten der Energiegewinnung vorhanden sind. Die großen Energiekonzerne wie RWE und Vattenfall verschwenden die Kohle in besonderem Maße, weil ihre Großkraftwerke keine oder nur in geringem Maße eine Wärmeauskopplung zur Verwendung als Fernwärme (Kraft-Wärme-Kopplung) ermöglichen. Das bedeutet, dass die Kohle überwiegend sinnlos vergeudet wird. Ökostrom stellt insofern eine Alternative sowohl zum Atom als auch zum Kohle-Großkraftwerksstrom dar.

 

Die großen Energiekonzerne liefern doch auch Ökostrom. Warum soll ich nicht von ihnen meinen Ökostrom beziehen?

Die großen Energiekonzerne bieten umweltbewussten Kunden teure Ökostrom-Tarife an. So erzielen sie von diesen Kunden noch höhere Einnahmen und verhindern einen Wechsel zu konkurrierenden Anbietern. Echte Ökostromanbieter zeichnen sich dadurch aus, dass sie das erwirtschaftete Geld aus dem Ökostrom-Verkauf nur in umweltfreundliche Neuanlagen investieren. Nur dadurch schreitet die Energiewende voran. Auf Konzerne, die sowohl Ökostrom wie Atomstrom anbieten, weil sie mit beidem gutes Geld verdienen, sollten umweltbewusste Verbraucher nicht hereinfallen.

 

Warum ist Strom von EnBW gelb?

Wegen des schlechten Images bemüht sich die Atomindustrie seit Jahren, sich mit schönen Farben und neuen Firmennamen zu schmücken. So wie die Werbeagenturen von EnBW den gelben "Yello Strom" erfunden haben, der ja gar nicht gelb ist, benannte sich der fusionierte Konzern Veba/PreussenElektra und VIAG/Bayernwerk um in E.On. Möglichst wenig soll an die gefährlichen Atom und die hässlichen fossilen Großkraftwerke erinnern. Die Stromkunden sollten diese plumpen Marketingmethoden durchschauen und mit einen Wechsel des Stromanbieters quittieren.

 

Beeindruckt mein Stromwechsel die Atomstromhersteller?

Diese Frage ist mit einem eindeutigen Ja zu beantworten. In unserer Wettbewerbsgesellschaft geht alles um Marktanteile, also die Anzahl der Kunden und der Erträge. Ihre Marktmacht und auch ihren gewaltigen politischen Einfluss stützen die Energie- und Stromkonzerne auf die Milliardeneinnahmen durch ihre Kunden. Merken die Konzerne, dass die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Atomenergie auch Konsequenzen für die eigenen Gewinne hat, werden sie sich umorientieren. Konzerne verstehen nur die Sprache des Geldes.

 

Sie schlagen nur vier Ökostromanbieter vor. Kann ich mir auch einen anderen aussuchen?

Im Rahmen der bundesweiten Stromwechsel-Kampagne haben wir aus unserer Sicht geeignete bundesweit tätige Ökostrom-Anbieter ausgewählt. Damit wollen wir es Ihnen ersparen, sich durch das Dickicht der Kriterien für "guten Ökostrom" zu arbeiten. Aber natürlich gibt es auch auf lokaler Ebene weitere geeignete, "echte Ökostromanbieter", zu denen Sie wechseln können.

 

Wie einfach ist es zu wechseln?

Der Wechsel ist denkbar einfach: Wenn Sie sich durch Ausfüllen und Absenden eines Stromlieferauftrages (online oder in Papierform) für einen Ökostromanbieter entschieden haben, kündigt Ihr neuer Ökostromanbieter für Sie Ihren bisherigen Vertrag bei Ihrem jetzigen Stromversorger. Nach Ablauf der Kündigungsfrist (in der Regel 4-6 Wochen) werden Sie übergangslos Kunde Ihres neuen Ökostromanbieters. Vor Lieferbeginn durch Ihren neuen Ökostromanbieter erhalten Sie nochmals eine Information über den Zeitpunkt des Lieferbeginns. Der Strom fließt ohne Unterbrechung, Sie brauchen sich um nichts zu kümmern.

 

Was ist mit den Abschlägen, die ich bereits an meinen alten Stromlieferanten gezahlt habe?

Ihre Abschläge werden in der Abschlussrechnung Ihres bisherigen Stromversorgers verrechnet.

 

Kommen auf die genannten Strompreise noch Steuern drauf?

Nein. Alle für Privatkunden angegebenen Strompreise sind Bruttopreise, also Preise, die die 19% Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer bereits enthalten.

 

Muss ich eine Mindestverbrauchsmenge Strom abnehmen?

Nein, Sie bezahlen nur den Strom, den Sie verbraucht haben.

 

Was mache ich, wenn mir mein bisheriger Netzbetreiber einen Netznutzungsvertrag oder einen Anschlussnutzungsvertrag zur Unterschrift zuschickt?

Einige wenige Netzbetreiber regeln die Netznutzung beim Stromwechsel durch einen eigenen Vertrag. Schicken Sie diesen Ihrem neuen Ökostromanbieter zu, dieser prüft ihn und unterschreibt dann in Vollmacht für Sie. Dieses Vorgehen stellt eher eine Ausnahme dar, bald ist es gesetzlich untersagt.

 

Verpflichtet der Einbau des Stromzählers in einen Neubau den Hausbesitzer oder auch die Erstbewohner dazu, Strom von dem lokalen Energieversorgungsunternehmen zu beziehen, das den Zähler installiert hat?

Nein, eine solche Verpflichtung besteht nicht. Auch wenn der Zählereinbau von dem zuständigen Netzbetreiber vorgenommen wird, sind Sie damit nicht automatisch verpflichtet, auch Stromkunde dieses Versorgungsunternehmens zu werden.

 

Ich wohne in einem Mietshaus. Kann ich alleine den Stromanbieter wechseln oder müssen alle anderen Mieter mitmachen?

Als Mieter sind Sie in der Regel individueller Kunde eines Stromanbieters. Sie verfügen über Ihren eigenen Stromzähler, der maßgebend für die Abrechnung mit dem Anbieter ist. Beim Stromwechsel werden Sie Kunde eines anderen Stromanbieters. Das können Sie völlig frei und eigenständig entscheiden. Sie sind von den anderen Mietern im Haus sowie dem Hausbesitzer unabhängig.

 

Brauche ich einen neuen Stromzähler?

Nein, vorhandene Stromzähler und Stromleitungen werden weiterhin genutzt. Sie sind und bleiben Eigentum des Netzbetreibers. Für die Nutzung zahlen die Ökostromanbieter entsprechende Gebühren an den Netzbetreiber, die bereits im Strompreis enthalten sind.

 

Wer liest den Zähler ab?

Der Zählerstand wird im Rahmen eines üblichen Verfahrens vom örtlichen Netzbetreiber einmal jährlich ermittelt. Sie brauchen sich um nichts zu kümmern oder lediglich wie bisher auch, dem Netzbetreiber den Zählerstand auf einer vorher zugesandten Postkarte mitteilen. Die abgelesenen Werte sind Grundlage Ihrer Verbrauchsabrechnung, die Ihnen dann einige Zeit später Ihr neuer Ökostromanbieter zusendet.

 

Wer ist für Wartung und technische Störungen zuständig, wenn ich Kunde bei einem Ökostromanbieter bin?

Bei allen technischen Fragen, die Ihren unmittelbaren Hausanschluss betreffen, bleibt Ihr örtlicher Netzbetreiber zuständig. Der Netzbetreiber ist gesetzlich für den ordnungsgemäßen Betrieb des Netzes und damit auch für den Anschluss Ihres Hauses verantwortlich - unabhängig davon, von welchem Anbieter Sie Strom beziehen.



Von Jürgen Hölzinger und Henrik Paulitz

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