IPPNW-Pressemitteilung vom 13. November 2020

IPPNW fordert Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan

Abschiebung trotz weltweiter Pandemie

Das Innenministerium plant die vorübergehend reduzierte Abschiebepraxis nach Afghanistan mitten in der Covid-19 Pandemie wieder aufzunehmen. Die Ärzt*innenorganisation IPPNW kritisiert dieses Vorhaben stark und fordert die Bundesregierung auf, sofort alle Abschiebemaßnahmen zu stoppen. „Die für den 16. November geplante Abschiebung ist unmenschlich und aufgrund der aktuellen gesundheitlichen und politischen Lage in Afghanistan unverantwortlich“, betont Carlotta Conrad, Vorstandsmitglied der IPPNW.

Abschiebungen nach Afghanistan seien ein Ausdruck einer Doppelmoral der deutschen Bundesregierung. Für Menschen mit deutschem Pass gelten umfangreiche Reisewarnungen durch das Auswärtige Amt, zudem ist Afghanistan seit dem 15. Juni 2020 erklärtes Covid-19-Risikogebiet. Auf der anderen Seite schiebt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weiterhin Menschen aus Deutschland in das Bürgerkriegsland ab.

Laut dem Global Peace Index gilt Afghanistan als das gefährlichste Land der Welt. Allein in der ersten Novemberwoche verzeichneten die afghanischen Behörden 113 Personen, die durch Kampfhandlungen getötet wurden. Von einer höheren Dunkelziffer ist auszugehen. Die schwierigen Lebensbedingungen in dem Land haben sich durch die Pandemie zusätzlich verschärft. Mit gravierenden humanitären Konsequenzen: Lebensmittelpreise sind stark gestiegen, viele haben ihre Arbeit verloren und das fragile Gesundheitssystem kann dem Bedarf nicht annähernd begegnen. Um durch die Krise zu kommen, leben Menschen auf engstem Raum. Abstand halten, ist unter diesen Umständen nicht möglich.

„Für Rückkehrer*innen aus europäischen Ländern ist die Situation besonders folgenschwer“, erklärt Carlotta Conrad weiter. „Ohne soziales Netz und Einkommen sind sie im Falle einer Erkrankung auf sich gestellt. Die Verbreitung des Virus in Afghanistan wird vor allem den Rückkehrer*innen aus dem Iran und Europa zugeschrieben. In der Konsequenz haben sie mit sozialen Ausschluss zu rechnen.“ Aufgrund dieses Stigmas sei die Angst, sich testen zu lassen, sehr groß. Diese Strukturen förderten eine schnellere Verbreitung des Virus.

Die Maßnahmen der Bundesregierung bei Abschiebeflügen bieten kein Potenzial zur Entkräftung dieser Sorgen. Ein aktueller COVID-19-Test ist keine Voraussetzung für das Besteigen eines Abschiebeflugzeugs. Zudem ist nicht bekannt, dass Risikogruppen vor einer Abschiebung geschützt sind.

Weitere Informationen sowie ein Offener Brief von IPPNW-Mitglied Thomas Nowotny an die Bundeskanzlerin: https://www.change.org/p/bundeskanzlerin-angela-merkel-keine-abschiebungen-nach-afghanistan/u/28055309

Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage bezüglich der Anzahl von Abschiebungen im ersten Halbjahr 2020: dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/214/1921406.pdf

Kontakt:
Angelika Wilmen, wilmen@ippnw.de, Tel. 030 - 69807415

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IPPNW-Report: Gesundheitliche Folgen von Abschiebungen
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IPPNW-Forum 164: Mitwirkung bei Abschiebungen: Ärzt*innen zwischen Gesetzen und Ethik
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Empfehlungen für heilberuflich Tätige in Abschiebesituationen
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Lesetipp | Deutsches Ärzteblatt: Asylbewerber: Ein ethisches Dilemma

 

Dokumentation: Best Practice for Young Refugees. Ergebnisse und Beiträge einer internationalen Fachkonferenz  
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