Presseinformation vom 3. Februar 2005

Irak nach der Wahl

Kommentar von Angelika Claußen

Berlin, 3. Februar 2005: Kaum ist die Wahl vorbei, erneuert US-Präsident Bush wider besseres Wissen ein Versprechen, das er nicht halten kann: Die US-Truppen würden helfen, Sicherheit im Irak zu schaffen. Einen Zeitplan zum Rückzug lehnt er strikt ab. Auch von der neuen Außenministerin Condolezza Rice wird man bei ihrem Berlin-Besuch kaum neue politische Vorschläge erwarten können.

Die Wahl selbst zeigt den starken Willen der Menschen im Irak, ihre Belange selbst in die Hand zu nehmen, trotz Besatzung und trotz politisch motivierter Gewaltanschläge. Allerdings scheint die Lage im besetzten Irak aussichtslos: Die Besatzungstruppen scheitern fortlaufend damit, das Land zu befrieden, gerade weil die Supermacht USA ihre militärischen Mittel immer brutaler einsetzt.

Die Opferzahlen steigen: bei den irakischen Zivilisten über 100.000 Tote, bei den Besatzungstruppen 1609 Tote, davon 1438 US-Soldaten und geschätzte 12.000 Verwundete. Eine Rückzugsstrategie der Besatzungsmächte, die wirklich diesen Namen verdient, ist nicht in Sicht. Auch die Kriegskosten steigen. Zusätzliche 80 Milliarden US-Dollar verlangte die Bush-Regierung letzte Woche vom US-Kongress, um ihre Kriegkosten 2005 in Irak und Afghanistan zu decken. Die ausbleibende Befriedung des Landes ist für uns angesichts der Bereicherung an irakischem Vermögen durch die großen Konzerne wie z.B. Halliburton und Bechtel nicht erstaunlich

Gibt es Alternativen?

Die IPPNW als ärztliche Friedensorganisation hält folgende drei Punkte für unverzichtbar für einen dauerhaften Frieden:

1. Ein kurzfristiger und vollständiger Rückzug der Besatzungstruppen. Die drei britischen Parlamentarier Douglas Hurd, Menzies Campbell und Robin Cook sprechen in ihrem parteiübergreifenden Vorschlag von einem Zeitraum von einem Jahr, in dem ein vollständiger Truppenabzug realistisch zu machen wäre.

2. Über UN-geführte Blauhelmsoldaten zu reden und zu verhandeln, macht erst dann Sinn, wenn für jede irakische Regierung klar ist, dass die Reichtümer des Landes in irakischem Besitz bleiben. Alle Dekrete des ehemaligen Besatzungschefs Paul Bremer, die das irakische Eigentum und die irakische Wirtschaft vollständig nach neoliberalen Grundsätzen ordneten, widersprechen dem Haager und den Genfer Konventionen und sind damit illegitim. Es ist Aufgabe derjenigen Nationen im UN-Sicherheitsrat - die zu Recht gegen den Krieg votiert haben - sich nun für eine vollständige Rücknahme dieser Dekrete einzusetzen. Die Bundesregierung muss in dieser Hinsicht Initiative ergreifen, wenn sie glaubwürdig für den Erhalt des Völkerrechts und der Genfer Konventionen eintreten will. Der Irak braucht seinen Ölreichtum selbst für den Wiederaufbau von Gesundheitswesen und Bildung, für den Aufbau der Binnenwirtschaft.

3. Ohne eine Autonomie für die Kurden in einem föderalen Irak wird es ebenfalls keine Befriedung geben. Nur wenn die positiven Aufbauleistungen der Kurden während der letzten 13 Jahre positiv gewürdigt wird, kann es gelingen, die Kurden für ein vereintes Irak zu gewinnen.
Auch uns Ärzten fällt es oft sehr schwer, Fehler bei der Behandlung von Patienten zuzugeben. Das ist immer sehr schmerzlich, aber der einzige Weg, um wieder Glaubwürdigkeit zu gewinnen und schlimmere Katastrophen zu verhüten.

Es ist zu hoffen, dass die Bush und Blair-Regierungen diesen Mut zur Wahrheit aufbringen können. Es ist ebenfalls zu hoffen, dass die Bundesregierung im Verein mit den anderen Kriegsgegnern den Mut und den Willen aufbringt, das irakische Volk in seiner Anstrengung um Frieden, Demokratie und Wiederaufbau nicht mehr allein zu lassen und endlich den Rückzug aus der Besatzung einfordert.

Dr. med. Angelika Claußen

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Ansprechpartnerin

Angelika Wilmen

Angelika Wilmen
Referentin für Friedenspolitik
Tel. 030 / 698074 - 13
Email: wilmen[at]ippnw.de

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