10.11.2017 In der Nähe des schwedischen Atomkraftwerks Forsmark ist ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Betrieb. Es befindet sich 60 m tief im Fels aus Kristallingesteinen unterhalb der Ostsee. Zusätzlich soll in der Nähe von Forsmark ein sogenanntes „Endlager“ für abgebrannte Kernbrennstäbe, also für hoch radioaktive Abfälle entstehen. In Schweden steht nur Granit als Wirtsgestein zur Verfügung, so dass die Einlagerung zusätzlich auf technische Barrieren angewiesen ist.
Mit der Suche nach einem tiefengeologischen Endlager hat die von den Atomkraftwerksbetreibern getragene Aktiengesellschaft Svensk Kärnbränslehantering AB (SKB) 1977 begonnen.
Akzeptanz von Kommunen und Bevölkerung
Nach Darstellung der deutschen „Endlagerkommission“ haben sich nach anfänglichen Schwierigkeit mehrere Kommunen dazu bereit erklärt, die Errichtung eines Endlagers auf Gemeindegebiet zuzulassen. Von 1993 bis 2000 führte SKB für acht potenzielle Standorte Machbarkeitsstudien durch. Voraussetzungen war jeweils die grundsätzliche Zustimmung der ortsansässigen Bevölkerung, der Standortkommunen und der Provinzialregierung.
In den geologischen Voruntersuchungen konnten nach offizieller Darstellung weder relevanten Vorteile für das Landesinnere noch relevante Unterschiede zwischen Nord- und Südschweden festgestellt werden. Alle potenziellen Standorte haben kristallines Wirtsgestein. Geeignete Standorte mit Steinsalz oder Tongestein sind in Schweden nicht vorhanden. Entscheidend für die Auswahl der potenziellen Standorte war schließlich die Akzeptanz in der Bevölkerung.
Erkundungsbohrungen
In die engere Wahl kamen schließlich zwei Gemeinden in der Nähe der beiden schwedischen Atomkraftwerke. In Östhammar bei Forsmark und in Oskarshamn wurde 2002 mit Erkundungsbohrungen begonnen. 2009 entschied sich SKB für den Standort Forsmark, weil das Gestein dort eine höhere Wärmeleitfähigkeit als in Oskarshamn aufweise. Hierdurch sei eine bessere Abführung der Nachzerfallswärme gegeben. Ferner wurde als Begründung genannt, dass das Gestein in Forsmark eine höhere Dichte und weniger Klüfte aufweise und mithin einen geringeren Wassereintrag erwarten lasse. Im März 2011 hat SKB bei den schwedischen Aufsichtsbehörden einen Antrag zu Errichtung des Endlagers eingereicht.
Weiterer Zeitplan
Seit Februar 2016 führt Schweden u.a. für das geplante Endlager eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durch. Im Rahmen der grenzüberschreitenden Beteiligung hat von deutscher Seite aus das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) Stellung zu dem Vorhaben genommen.
Derzeit wird damit gerechnet, dass zwischen 2018 und 2020 über den Antrag entschieden wird. Der Bau des Endlagers soll dann 2025 abgeschlossen sein.
Für den Zeitraum bis 2075 sind zunächst ein Probebetrieb und dann die reguläre Einlagerung vorgesehen. 2085 bis 2095 soll der Verschluss erfolgen. Für jede Betriebsphase ist jeweils ein neuer Antrag erforderlich.
Endlagerkonzept
Das schwedische Endlagerkonzept beruht auf zwei Barrieren. Die natürliche, geologische Barriere in Gestalt von Gesteinsformationen soll nur der mechanischen Stabilität des Lagers dienen, aber nicht die Wasserdichtigkeit gewährleisten. Die Wasserdichtigkeit soll durch künstliche, technische Barrieren wie Bentonit-Ringe und einen mehrere Zentimeter dicker Kupferbehälter gewährt werden. Rückholbarkeit wird im schwedischen Endlagerkonzept nur optional gefordert.
In Äspö bei Oskarshamn wird in einem Felslabor getestet, wie sich Einlagerungsbehälter mit einem fünf Zentimeter dicken Kupfermantel im Kristallingestein verhalten. Zusätzlich sollen die Kupferkanister in eine Schicht aus Bentonit eingebettet werden. Dieses tonähnliche Material quillt auf, wenn es mit Wasser in Berührung kommt. In diesem gequollenen Zustand soll der Bentonit gegebenenfalls freiwerdende radioaktive Schadstoffe zurückhalten. „Korrodieren die Kupferbehälter, so wäre diese Bentonitummantelung die einzige Barriere, um die Ausbreitung der radioaktiven Schadstoffe zu verhindern“, heißt es im Bericht der deutschen Endlagerkommission von 2016.
Korrosionsbeständigkeit der Behälter in Diskussion
Die Kupfer-Betonit-Behälter sollen mindestens 100.000 Jahre lang halten, „im Weiteren wird der Zeitraum bis zu einer Million Jahre betrachtet“, heißt es vage im Bericht der deutschen Endlagerkommission.
Bei den Behältern zu prüfende Kriterien sind insbesondere Druckbeständigkeit und Korrosion. Vor dem Hintergrund eines relevanten Wassereintrags in das vorhandene Endlager für schwach und mittel radioaktive Abfälle in Forsmark wird in der Fachöffentlichkeit seit einigen Jahren insbesondere die Korrosionsbeständigkeit der geplanten Kupferbehälter kontrovers diskutiert.
Fazit
Aus deutscher Perspektive erscheint es fragwürdig, ob eine Lagerung in Granit tatsächlich verantwortbar ist, weil man sich auf eine technische Barriere mit einer begrenzten Lebensdauer verlassen muss. In Deutschland wird eine tiefengeologische Lagerung angestrebt, bei der geologische Barrieren maßgeblich sind, um die Ausbreitung der radioaktiven Schadstoffe zu verhindern.
Von Henrik Paulitz
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