Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW ruft am Osterwochenende zu bundesweiten Demonstrationen auf. Anlässlich der Ostermärsche fordern die Ärzt*innen die Bundestagsabgeordneten auf, sich für ein Ende der Kriege in der Ukraine und in Gaza einzusetzen. Die Abgeordneten sollten sich für Frieden, Diplomatie und Abrüstung aussprechen statt die Bevölkerung „kriegstüchtig“ machen zu wollen oder gar über europäische Atombomben nachzudenken.
Die IPPNW kritisiert, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach auch das Gesundheitswesen für Kriege umrüsten will. Deutschland müsse sich „für große Katastrophen und eventuelle militärische Konflikte besser aufstellen.“ Lauterbach hat für den Sommer einen entsprechenden Gesetzentwurf angekündigt. Die Friedensnobelpreisträgerorganisation weist darauf hin, dass es 1981 schon einmal das Vorhaben einer Bundesregierung gab, ein Gesundheitssicherstellungsgesetz im Rahmen der „Katastrophenmedizin“ zu verabschieden. Damals wurde an das ärztliche Helferethos appelliert, um die allgemeine Akzeptanz zu erhöhen. Auch in den Bunkerbau und Zivilschutz wurde massiv investiert. Gemäß der NATO-Doktrin „Flexible Response“ hatten sich US-amerikanische Militärs und Politiker dahingehend geäußert, dass es möglich sei, einen Atomkrieg auf Europa zu beschränken und sogar zu gewinnen.
„Wir werden Euch nicht helfen können!“ war vor dem Hintergrund der atomaren Katastrophen von Hiroshima und Nagasaki die zentrale Botschaft der sich gründenden IPPNW. Widerspruch rief das neue Gesundheitssicherstellungsgesetz bei der Ärzt*innenschaft hervor, in dem eine Pflichtfortbildung in Kriegsmedizin für Ärzt*innen zum Erlernen der sogenannten Triage, d.h. die Sichtung von Verletzten für den Kriegsfall, vorgesehen war. Der Protest aus der Ärzt*innenschaft war so groß, dass diese verpflichtende Fortbildung zurückgenommen werden musste.
Die angekündigte Umrüstung im Gesundheitssystem steht im Zusammenhang mit Militarisierungsvorhaben in allen Sektoren der Gesellschaft. So treibt die Bundesregierung eine langfristige Aufrüstung der Bundeswehr und ein Hochfahren der Rüstungsproduktion voran. Die EU-Kommission spricht gar vom Umstellen auf eine „Kriegswirtschaft“.
„Statt immer mehr Mittel in Militär und Rüstungsindustrie zu stecken und damit globale Krisen weiter anzuheizen, brauchen wir finanzielle Programme für die Bekämpfung der Klimakatastrophe, für Gesundheit, Bildung und Soziales sowie massive Investitionen in die marode Infrastruktur“, betont die Vorsitzende der IPPNW, Dr. med. Angelika Claußen. Die Ausgaben für Militär sollen 2024 auf grob 2 Prozent des BIP, über 86 Milliarden Euro, erhöht werden und in den kommenden Jahren weiter steigen. Währenddessen wird in den sozialen Bereichen, bei Bildung, Infrastruktur und ziviler Konfliktbearbeitung gekürzt.
Weitere Informationen:
Die IPPNW begrüßt den Aufruf „Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg“
Traditionell gehen die Ostermärsche auf die Friedensbewegung der 1950er Jahre und die Kampagne für nukleare Abrüstung zurück. Dr. med. Angelika Claußen wird am Samstag, den 30. März 2024 als Rednerin auf dem Ostermarsch in Bielefeld sprechen. Ebenfalls am 30. März spricht Ralph Urban, IPPNW-Vorstandsmitglied, beim Ostermarsch in Lübeck. Weitere dezentrale Termine der diesjährigen Ostermärsche, an denen sich die IPPNW beteiligt, finden Sie hier.
Ute Rippel-Lau: Die Militarisierung der Gesundheitsversorgung. Nationale Sicherheitsstrategie und Gesundheitssicherstellungsgesetz (IPPNW-Forum 177/2024)
Für Rückfragen und Interviews stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.
Pressekontakt:
Frederic Jage-Bowler, IPPNW-Presse, jagebowler[at]ippnw.de, 030 698074 15
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