Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW kritisiert die jüngsten Angriffe Russlands auf zivile Energie-Infrastruktur in der Ukraine scharf. Die Entscheidung des US-Präsidenten Joe Biden, der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffensysteme zu genehmigen, sei der falsche Weg und erhöhe die Eskalationsgefahr weiter. Bundeskanzler Olaf Scholz müsse bei seinem Nein zu Taurus-Lieferungen bleiben. Anlässlich von 1.000 Tagen Ukrainekrieg fordert die Ärzt*innenorganisation stattdessen baldige Verhandlungen für einen Waffenstillstand unter Einschluss Russlands. Dafür liegen zahlreiche diplomatische Vorschläge auf dem Tisch, die die IPPNW in ihrer heute herausgegebenen 7. Auflage des IPPNW-Papiers „Waffenstillstand und Frieden für die Ukraine“ auflistet.
Besonders hervorzuheben ist der im Mai 2024 von China und Brasilien veröffentlichte Friedensplan, der seit der UN-Generalversammlung im September 2024 auch von der Schweiz unterstützt wird. Die Schweiz hatte im Juni 2024 das Gipfeltreffen auf dem Bürgenstock bei Luzern ausgerichtet, an dem Russland und China jedoch nicht teilnahmen. Der 6-Punkte-Friedensplan Chinas und Brasiliens listet Maßnahmen zur Deeskalation auf: So solle es keine geografische „Ausweitung der Schlachtfelder“, keine militärische „Ausweitung der Kämpfe“ und keine politischen „Provokationen einer der Parteien“ geben. Dialog und Verhandlungen sollten die „einzige Lösung der Ukraine-Krise“ sein. Unter Punkt 2 heißt es: „China und Brasilien unterstützen eine internationale Friedenskonferenz […], die sowohl von Russland als auch der Ukraine anerkannt wird […].“ Beide Staaten fordern mehr humanitäre Hilfe und die Vermeidung des Angriffs ziviler Ziele. Sie verurteilen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen und Angriffe auf Atomanlagen und lehnen die Aufteilung der Welt in isolierte politische oder wirtschaftliche Blöcke ab.
„Der Krieg in der Ukraine kann nicht gewonnen werden, von keiner Kriegspartei. Das ist Realität. Auf beiden Seiten sind Hunderttausende Soldaten gestorben, wurden schwer verletzt oder traumatisiert. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte dokumentiert seit dem Einmarsch russischer Truppen den Tod von knapp 12.000 Zivilist*innen in der Ukraine, etwa 26.000 wurden verletzt. 1.000 Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges muss das Sterben, das Leid und die Zerstörung endlich ein Ende haben, es braucht einen Verhandlungsfrieden jetzt!“, sagt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen.
Laut dem IPPNW-Papier „Waffenstillstand und Frieden für die Ukraine“ bleibt abzuwarten, ob mit dem Wahlsieg von Donald Trump als zukünftiger US-Präsident Bewegung in eine politische Lösung des Ukrainekrieges kommt. Wie die Washington Post berichtet, schlagen Trump und seine Berater vor, eine demilitarisierte Zone entlang der Frontlinie einzurichten. Die Ukraine solle mindestens für die nächsten zwanzig Jahre auf einen NATO-Beitritt verzichten.
Das IPPNW-Papier „Waffenstillstand und Frieden für die Ukraine“ bietet einen Überblick über bestehende Vorschläge und mögliche Schritte, den Krieg in der Ukraine durch Diplomatie statt durch Waffen zu beenden. Es soll einen Beitrag zu einer konsequenten Suche nach friedlichen Mitteln zur Konflikttransformation leisten.
Kontakt:
Angelika Wilmen, Friedensreferentin der IPPNW, Tel. 030 698074-13, wilmen[at]ippnw.de
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