Am 15. April 2023 werden die letzten drei deutschen AKW abgeschaltet, darunter auch das Atomkraftwerk Lingen. Die dortige Brennelementefabrik bleibt jedoch in Betrieb. Mehr noch: Der französische Betreiber hat sich mit dem russischen Atomkonzern Rosatom zusammengeschlossen und möchte die Brennelementeproduktion weiter ausbauen. Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW kritisiert diese Entscheidung scharf und fordert die Regierung auf, diese Kooperation zu verhindern.
„Es ist ein absoluter Skandal, dass es denkbar ist, ein Jahr nach Beginn des brutalen völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hier in Deutschland eine russisch-französische Atomkooperation zu gründen, die gemeinsam Brennelemente für Atomkraftwerke herstellt. Die niedersächsische und bundesdeutsche Politik hat es in der Hand, diesem Joint-venture einen Riegel vorzuschieben. Stattdessen muss die Brennelementefabrik in Lingen ganz stillgelegt werden", erklärt Dr. med. Angelika Claußen, Vorsitzende der IPPNW.
Die nun endende nukleare Stromproduktion in Deutschland wurde seit Jahrzehnten von einer atomkritischen Bewegung begleitet. Die Ärzt*innenorganisation IPPNW weist seit langem auf die gesundheitlichen Gefahren von Atomanlagen im Normalbetrieb hin. Diese würden oft nicht wahrgenommen und gerne verschwiegen oder verdrängt. Gleiches gelte für die zivil-militärischen Verbindungen der Atomenergie.
„Das Ende der deutschen AKW ist ein Meilenstein für die Energiewende und damit auch ein Grund zum Feiern! Allen, die gegen den Ausstieg und für einen möglichen Wiedereinstieg trommeln, raten wir einen Blick über den Tellerrand: Weltweit sind die Atomwaffenstaaten die Treiber der Atomkraft. Das zeigt deutlich, warum diese Form der Energieerzeugung überhaupt genutzt wird. Ohne die zivile Nutzung ließe sich die militärische Nutzung nicht finanzieren. Eine Lösung für die Klimakrise ist Atomkraft nicht. Dass Atomkraftwerke günstig Strom liefern, ist ebenfalls eine falsche Behauptung. Der Ukrainekrieg zeigt weiterhin, dass Atomkraftwerke in einem umkämpften Gebiet nicht vor Zerstörung geschützt werden können. Von einem Super-GAU in der Ukraine wären große Teile Nord- und Mitteleuropas betroffen“, mahnt Claußen.
„Der Atomausstieg ist ein Riesenerfolg der kleinen wie großen Initiativen, Organisationen und vielen Einzelpersonen, die über Jahrzehnte für den Atomausstieg eingetreten sind. Doch um den Ausstieg in Deutschland zu vervollständigen und um eine sozial-ökologische Energiewende zu schaffen, bleibt viel zu tun. Die Brennelementefabrik in Lingen sowie die Urananreicherungsanlage in Gronau müssen geschlossen werden, sonst bleibt der deutsche Atomausstieg eine Mogelpackung“, so Claußen.
„Außerdem werden wir als Ärzt*innen den Umgang mit den Altlasten und den Ewigkeitskosten der Atomkraft weiterhin kritisch begleiten müssen“, schließt Dr. med. Jörg Schmid vom Arbeitskreis Atomenergie der IPPNW.
Ausstiegsfeste und Atomproteste finden am 15. April 2023 in München, in Neckarwestheim und in Lingen statt. Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie hier: https://www.anti-atom-fruehling.de
Kontakt:
Patrick Schukalla, IPPNW-Referent für Atomausstieg, Energiewende und Klima, Tel. 030 6980 74-0, E-Mail: schukalla@ippnw.de
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