Als ich das erste Mal von f&e gehört habe, war ich sofort begeistert: Nicht nur die Möglichkeit, eine Famulatur mit sozialem Engagement zu verbinden, sondern gerade auch die Tatsache, dass die Teilnehmenden des letzten Jahres das Programm für den nachfolgenden Jahrgang organisieren, klang für mich super spannend. Bei mir kam also zuerst das Interesse am Programm und danach die Wahl des Landes, so dass ich diesbezüglich ziemlich offen war. Im Rückblick kann ich nur sagen, dass meine Erwartungen sich voll erfüllt haben und besonders die Betreuung durch die "Alumni" des letzten Jahres eine große Bereicherung für mich war. Ich bekam so nicht nur Infos und Tipps aus erster Hand, sondern bekam auch ein Gefühl von Kontinuität und großer Eigenverantwortung (im besten Sinne). Denn f&e ist eben das was man daraus macht - klingt abgedroschen, ist aber wirklich so. Denn gerade im „engagieren“-Teil hat man nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, wie man seinen Aufenthalt gestalten möchte und hat auch allgemein viele Freiheiten.
In Nepal traf ich im Rahmen der Gedenkveranstaltungen zu den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki zum ersten Mal auf die Studierenden von PSRN, des lokalen IPPNW-Ablegers, und mir wurde erst einmal das Mikrofon in die Hand gedrückt. So durfte ich dann vor versammelter Menge vor dem Universitätsklinikum eine spontane Rede dazu halten, was die Gefahr von Nuklearwaffen heute für mich bedeutet – nicht gerade ein Thema, mit dem ich mich bis dato ausführlich beschäftigt hatte. Spontane und überraschende Erlebnisse wie dieses finde ich im Rückblick aber eher typisch als die Ausnahme für mein f&e in Nepal. Vielleicht nicht unbedingt etwas für jeden, aber wie gesagt: f&e ist das, was man daraus macht.
Doch von Anfang an: Nach dem Auswahltag bekam ich die Mail mit der Nachricht, dass es für mich nach Nepal gehen würde. Ein Land über das ich so gut wie nichts wusste und das für mich vor allem mit Klischees aus Abenteuerromanen und hohen Bergen behaftet war. Ich freute mich sehr, auch wenn oder vielleicht eher gerade weil mein Wissen über Nepal (ehrlich gesagt auch bis zur Abreise) so ziemlich aus der Wikipedia-Landesseite bestand. Direkt vor meinem Flug hielt sich meine Motivation überraschenderweise in Grenzen, was vermutlich damit zu tun hatte, dass ich gerade erst aus meinem Auslandssemester zurückgekommen war. Ich hatte noch nicht einmal in einen Reiseführer geschaut und beschloss, meinem Gefühl zu vertrauen und einfach alles auf mich zukommen zu lassen.
Im Flugzeug realisierte ich dann langsam, auf dem Weg in ein unbekanntes Land zu sein, über das ich nichts wusste und in dem ich niemanden kannte und dass das Ganze doch ein wenig abenteuerlich werden könnte – eine weitere Erwartung, die sich erfüllen sollte. Denn die insgesamt drei Monate, die ich unterwegs war, waren extrem abwechslungsreich, von spontanen Entscheidungen, sehr viel Freiheit und eben auch einigen Abenteuern geprägt. 
Die erste Woche verbrachte ich damit, Kathmandu, meine Mitbewohner und meinen Vermieter kennenzulernen, mit denen ich mich zum Glück sehr gut verstand. Die Stadt ist besonders im touristischen Viertel recht westlich geprägt, hat aber gerade in der Altstadt und am Statdrand auch einige sehr traditionelle Viertel zu bieten. Gerade zu Beginn wirkt die Stadt sehr hektisch und insbesondere der für Südostasien typische völlig chaotische Verkehr und der damit verbundene Lärm können einen schon mal überwältigen. Insgesamt fand ich mich aber schnell zurecht, fand mein zukünftiges Stammcafé und traute mich sogar an das undurchschaubare System aus kleineren und größeren Bussen heran, die an bestimmten Orten, allerdings ohne ersichtliche Haltestellen halten und deren Linie oder Ziel von laut aus der Tür schreienden jungen Männern verkündet werden.
Nun begann für mich schon meine einmonatige Famulatur in der Notaufnahme des Kathmandu Model Hospital. Das gesamte Setting unterscheidet sich natürlich deutlich von dem deutscher Krankenhäuser, insbesondere die hygienische Situation war etwas gewöhnungsbedürftig. Insgesamt hatte ich aber das Gefühl, dass das gesamte medizinische Personal sehr gut ausgebildet und kompetent war. Insbesondere fiel mir auf, dass die Studierenden, die ähnlich weit im Studium waren wie ich, in Bezug auf praktische Skills deutlich fortgeschrittener waren und selbstständiger arbeiten konnten. Auch das Krankheitsspektrum war ein anderes, so dass ich neben Pneumonien, Verletzungen durch Verkehrsunfälle und Blutzuckerentgleisungen sehr viele Fälle von Dengue-Fieber und durchaus auch einige von nicht-pulmonaler Tuberkulose sah, die allerdings alle in demselben großen Notaufnahme-Saal mit 14 Betten behandelt wurden.
Das Team war zwar sehr freundlich zu mir, aber obwohl das gesamte medizinische Personal Englisch sprach, wurde kaum etwas für mich übersetzt. Auch auf mein Nachfragen blieben die Übersetzungen meist sehr knapp und die Ärzt*Innen erklärten kaum je etwas von sich aus. So gestaltete sich das Einfinden in den Stationsalltag leider sehr schwierig und ich verbrachte meine Zeit vor allem damit zuzusehen und nutzte die Zeit, um in Büchern zu lernen. Immerhin erfuhr ich von anderen ausländischen Studierenden im Haus, dass fast alle ähnliche Probleme hatten wie ich. Alles in allem war meine Famulatur daher eher unbefriedigend, wenn sie mir natürlich auch einige neue Einblicke ermöglichte und unbekannte Krankheitsbilder vermittelte. Zwischendurch nahm ich wie gesagt auch an den Gedenkveranstaltungen zu den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki teil, im Rahmen derer es neben spontanen Reden unter anderem Kunstprojekte und -wettbewerbe, Mahnwachen und Demonstrationen gab.
Im Anschluss an die Famulatur reiste ich über Indien nach Pakistan, wo ich zwei Wochen verbrachte, um bei der Hochzeit meines Bruders in Islamabad dabei zu sein (ein Kapitel für sich). Nach meiner Rückkehr konnte ich wiederum recht spontan an einem Health Camp von PSRN in einem abgelegenen Dorf in den Bergen teilnehmen. Dabei behandelten wir Menschen in einem Gebiet, in dem es ansonsten keinerlei medizinische Infrastruktur gibt, weshalb der Andrang sehr groß war. So behandelten 8 Studierende aus dem 6. Jahr und ich, gemeinsam mit zwei Ärzten und Unterstützung durch etwa 20 Studierende aus unteren Semestern an einem Tag über 500 Patient*Innen. Es war wahnsinnig spannend, zu erleben, wie ein solches Camp organisiert wird, welche Materialien, Labortests und Behandlungsmöglichkeiten vor Ort zur Verfügung gestellt werden können und natürlich auch, mit welchen Erkrankungen die Menschen zu uns kamen. Wir hatten eine Menge Spaß unterwegs und gerade auf der über 15-stündigen Fahrt mit dem universitätseigenen Bus kam so etwas wie Klassenfahrtstimmung auf, auch wenn die Fahrt extrem holprig war, wir nachts mitten in einem Fluss im dichten Wald steckenblieben, fast einen Reifen verloren und der Bus allgemein ziemlich lädiert wurde. Dennoch wurde viel gesungen und die anderen löcherten mich mit Fragen über Deutschland, unser Studium, Kultur, Reisen, Sprache und alles Mögliche andere. Allgemein habe ich übrigens die allermeisten Menschen in Nepal als extrem gastfreundlich und höflich erlebt und habe mich immer sehr sicher und wohl gefühlt.
Im Anschluss an die Strapazen war ich eine obligatorische Woche mit Verdacht auf Typhus krank, erholte mich jedoch nach drei Tagen stationärer Behandlung sehr schnell. Das war auch gut so, denn in der Zwischenzeit war eine Freundin aus Deutschland angekommen, die mich spontan gefragt hatte, ob ich mit ihr auf dem Annapurna Circuit wandern gehen möchte. Diese Wanderung war einer der absoluten Höhepunkte meines Aufenthalts: Beginnend auf 800 Metern stiegen wir innerhalb von elf Tagen durch wunderschöne und stetig wechselnde Landschaft bis auf 5500 Meter auf – der höchste Ort meines bisherigen Lebens. Unterwegs trafen wir extrem spannende Menschen und „Ich habe gerade meinen Job geschmissen und bin erst mal ein Jahr auf Weltreise“ ist ein Satz, den ich mehr als einmal gehört habe.
Die Begegnungen mit besonderen Menschen, seien es solche aus Nepal oder dem Ausland sind es auch, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind: Von meinem nepalesischen Vermieter, der ein enger Freund wurde und mit dem ich Ausflüge auf seinem Oldtimer-Motorrad machte bis zu einer Schweizerin, die ihren Bankjob aufgegeben hat und mir bis heute wöchentlich Nachrichten aus ständig anderen Ecken der Welt schickt.
Und nicht zuletzt möchte ich den f&E-Mailverteiler hervorheben, über den wir Freiwillige untereinander vernetzt waren und über den Erfahrungsberichte, Gedichte, Essays, kleine Alltagsgeschichten oder einfach witzige oder nachdenklich machende Momente geteilt wurden. Etwas wider Erwarten wurde dieser für mich ein sehr zentraler Bestandteil des Ganzen, wohl vor allem, weil er als „Resonanzraum der eigenen Erfahrungen“ dient, wie es in eben jenem so schön ausgedrückt wurde.
Alles in allem habe ich die Zeit mit f&e als unglaublich intensiv, sehr bereichernd und trotz mancher Schwierigkeiten als wunderschön erlebt und kann das Programm allen Interessierten wirklich nur ans Herz legen!
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