In diesem Sommer hatte ich die Chance, mit f&e nach Nepal zu gehen und dort meine Famulatur und zwei Projekte zu absolvieren. Als ich die Zusage für Nepal erhalten habe, habe ich mich sehr gefreut und war gespannt, wie die zwei Monate dort werden würden.
Kathmandu
Anfang August bin ich nach Kathmandu gereist und wurde dort von einem jungen Arzt, der vor drei Jahren im Rahmen dieses Austausches in Deutschland gewesen war, vom Flughafen abgeholt. Mit ihm bin ich dann zu der Familie meines Austauschpartners in den Norden Kathmandus gefahren. Die ganze Familie hat mich sehr herzlich empfangen und ich hatte eine sehr schöne Zeit dort. Wir haben uns überwiegend mit Gesten und einem Mix aus Nepali und Englisch verständigt, was auch die meiste Zeit überraschend gut funktioniert hat. Insgesamt habe ich fast sechs Wochen in Kathmandu gelebt und mich trotz des chaotischen Verkehrs und der hohen Luftverschmutzung dort sehr wohl gefühlt. An einigen alten Gebäuden und Tempeln sieht man noch Restaurationsarbeiten infolge des Erdbebens 2015. Ich hatte das Glück, von der Familie sehr freundlich aufgenommen und in ihren Alltag integriert zu werden, sodass ich gelernt habe, neue Gerichte zu kochen, und auch an Festen im Familienkreis teilnehmen konnte. Zum Beispiel war Anfang September das Teej Festival, welches ich zusammen mit den Frauen der Familie gefeiert habe.
Famulatur
Meine Famulatur habe ich einen Monat lang in der Anästhesie des Kathmandu Model Hospitals absolviert. Sehr praktisch für mich war die Tatsache, dass das Medizinstudium in Nepal auf Englisch ist und für fast alle medizinischen Fachbegriffe die englischen Begriffe genutzt werden. Daher konnte ich vielen Gesprächen recht gut folgen, da die Diagnosen und Therapien auf Englisch bezeichnet wurden. Die Ärzt_innen haben uns Studierenden auch immer gerne alles erklärt oder uns zu verschiedenen Themen aus der Anästhesie und Chirurgie abgefragt. Es war interessant, so viele unterschiedliche Operationen aus fast allen Fachgebieten beobachten zu können. Außerdem habe ich sehr viel über unterschiedliche Regionalanästhesieverfahren gelernt. Im Krankenhaus und auch bei meinem Besuch in einen primary health care center mit einem Arzt von PSRN (Physicians in Social Responsibility Nepal) habe ich einen kleinen Einblick in das Gesundheitssystem in Nepal bekommen. Krankenversicherungen, wie wir sie aus Deutschland kennen, gibt es nicht und die Patient_innen müssen ihre Behandlungen und Medikamente in der Regel selber bezahlen. In den health posts der Regierung gibt es Untersuchungen und einige Medikamente kostenfrei, welche aber natürlich nicht alle Erkrankungen abdecken. Während meiner Famulatur fanden in einer Woche in unterschiedlichen Bereichen der medizinischen Versorgung Streiks und Demonstrationen statt, da die Ärzt_innen gegen eine Gesetzesänderung demonstriert haben, die unter anderem härtere Strafen im Falle von Behandlungsfehlern vorsieht. Die Proteste richteten sich vor allem dagegen, dass der genaue Ablauf der Verfahren noch nicht festgelegt sei und viele Ärzt_innen Angst haben, zu Unrecht verurteilt zu werden; dies führe dazu, dass sie in Zukunft keine komplizierten und risikoreichen Eingriffe mehr durchführen möchten.
Mit den Medizinstudierenden von PSRN habe ich mich außerdem oft über das Medizinstudium in Nepal und Deutschland im Vergleich unterhalten, wobei wir zu dem Schluss gekommen sind, dass es beim Ablauf und den Inhalten eigentlich nur wenige Unterschiede gibt, nur stehen den Studierenden in Nepal insbesondere außerhalb Kathmandus oft nicht alle Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten, die sie gelernt haben, zur Ve
rfügung.
Projekte
Den Projektteil habe ich in zwei Abschnitte aufgeteilt. Zunächst habe ich eine Woche an einem Programm des Krankenhauses gegen gender-based violence in Kirtipur in der Nähe von Kathmandu teilgenommen. Das Projekt war mit dem community based health project des Krankenhauses verknüpft, in dessen Rahmen Frauen aus den umliegenden Orten zu Ansprechpartnerinnen für Gesundheitsprobleme ausgebildet werden und so eine erste Beratung und Hilfe leisten können. Ich bin jeden Tag mit dem Team bestehend aus einer Krankenschwester, einer Sozialarbeiterin und einer Psychologin zu health posts in der Umgebung gefahren. In den health posts können die Patient_innen einmal in der Woche ihren Blutdruck messen lassen und eine kostenlose medizinische und psychologische Beratung bekommen. An einem Tag in der Woche bietet außerdem eine Gynäkologin des Krankenhauses eine Sprechstunde in einem der health posts an. Bei Bedarf werden die Patient_innen ins Krankenhaus in Kirtipur überwiesen. Zusätzlich bietet das Projekt den Betroffenen von häuslicher und sexualisierter Gewalt neben der medizinischen Versorgung auch eine psychologische und rechtliche Beratung an. Außerdem gibt es regelmäßig Gruppendiskussionen in den Dörfern und Präventionsprojekte in Schulen.
Nach meinem ersten Projekt bin ich mit einer Gruppe von Studierenden und jungen Ärzten von PSRN zu einen health camp gefahren. Zunächst sind wir acht Stunden mit einem Bus der Uniklinik zu dem Ort gefahren, in dessen Nähe das Camp stattfand. Am nächsten Tag haben wir das health camp in einer Schule aufgebaut, wo die Patient_innen kostenlos Beratungen und auch Medikamente erhielten. Die Patient_innen mussten sich zunächst anmelden und wurden dann bei einer Erstuntersuchung von Medizinstudierenden befragt und ihre Hauptbeschwerde festgestellt. Dann gingen sie mit ihrer Anamnese in den nächsten Raum, wo sie von den Ärzten untersucht wurden, die dann auch die Therapie festlegten. Bei Bedarf konnten sich die Patient_innen dann direkt ihre Medikamente in einem zur Apotheke umfunktionieren Klassenraum abholen. Die meisten kamen mit geringfügigen Beschwerden und wollten die Chance nutzen, einen kostenlosen Gesundheitscheck zu erhalten. Einige der Patient_innen hatten aber auch gesundheitliche Probleme, die sich mit den vorhandenen Mitteln nicht ausreichend untersuchen ließen und die weitere Diagnostik zur Abklärung brauchten. Insgesamt wurden an einem Tag ca. 250 Patient_innen behandelt.
Statt zurück nach Kathmandu zu fahren, bin ich im Anschluss nach Meghauli, einem kleinen Ort im Süden Nepals, gereist, um dort mein zweites Projekt in einer kleinen Klinik zu ab
solvieren. Hier gab es deutlich weniger zu tun, aber dafür hatte ich viel Zeit, mich mit den Angestellten der Klinik über die Probleme der Region und die verschiedenen Projekte z. B. für sauberes Trinkwasser zu unterhalten.
Nach einer Woche in Meghauli hatte ich dann noch gut eine Woche Zeit, um ein bisschen zu reisen, und war in der Nähe von Pokhara wandern. Dann musste ich mich auch schon wieder von Freunden und meiner Gastfamilie in Kathmandu verabschieden. Gerne hätte ich noch mehr Zeit gehabt, um dieses Land besser kennenzulernen, das so unterschiedliche Landschaften und Kulturen zu bieten hat. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, diese Erfahrung mit f&e zu machen und durch den engen Kontakt mit Medizinstudierenden, Ärzt_innen und natürlich der Familie meines Austauschpartners so viel über Nepal zu lernen.
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