Die Neue Osnabrücker Zeitung meldet heute morgen, dass der französische Atomkonzern Framatome doch ein Joint Venture zur Brennelementeproduktion mit dem Kreml-Konzern Rosatom plant. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die von Framatome betriebene Brennelementefabrik in Lingen/Emsland. Das Joint Venture soll nunmehr nicht – wie noch vor einem Jahr geplant – in Deutschland registriert werden, sondern in Frankreich. Anti-Atom-Organisationen sind entsetzt, dass Frankreich versucht, mitten im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine die atomare Partnerschaft mit Russland weiter voranzutreiben. Auch die Lingener Brennelementefabrik wird damit zwangsläufig in den Einflussbereich des Kreml geraten, egal ob das Joint Venture in Frankreich oder Deutschland registriert wird. Es ist auch mit einer Zunahme an Uranlieferungen aus Russland zu rechnen.
Unterdessen schlägt das Bundesumweltministerium (BMUV) ganz andere Töne an: In einem Brief an das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen vom 30. November befürwortet das Umweltministerium erstmals seit Amtsantritt von Ministerin Steffi Lemke (Grüne) explizit das Ende der Brennelementefertigung und der Urananreicherung in Deutschland: "Es ist aus Sicht des BMUV im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des deutschen Atomausstiegs generell erforderlich, die Kernbrennstoffproduktion zu beenden." Dazu sei eine "Änderung der Gesetzeslage erforderlich."
Zudem schreibt das BMUV mit Blick auf die laufenden Urangeschäfte zwischen der Brennelementefabrik Lingen und dem Kreml-Konzern Rosatom: "Auf europäischer Ebene setzen wir uns für eine Erweiterung der Sanktionsmaßnahmen auf die russische kerntechnische Industrie ein." Das würde mit Sicherheit auch ein Joint Venture zwischen Rosatom und Framatome betreffen.
Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Emsland und dem Münsterland sowie der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und die atomkritische Ärzt*innenorganisation IPPNW begrüßen diese klaren Aussagen des Bundesumweltministeriums, fordern aber nun zeitnah konkrete gesetzliche Vorschläge, um die Kernbrennstoffproduktion tatsächlich zu beenden. Dabei geht es sowohl um die Stilllegung der Brennelementefabrik in Lingen/Emsland wie auch der Urananreicherungsanlage in Gronau/Westfalen.
"Die Bundesregierung kann und muss in Eigenregie sämtliche Genehmigungen für Atomgeschäfte zwischen der Brennelementefabrik Lingen und Rosatom zurücknehmen und darf keine neuen Genehmigungen erteilen. Rosatom ist durch die Kontrolle des hart umkämpften AKW Saporischschja in der Ukraine unmittelbare Kriegspartei – einen Kreml-Konzern dürfen deutsche Behörden nicht unterstützen. Die Bundesregierung muss zudem der französischen Regierung klar machen, dass eine Beteiligung Russlands an der Brennelementeproduktion von Framatome in welcher Form auch immer absolut inakzeptabel ist," so Alex Vent vom Lingener Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner:innen im Emsland.
"Das Bundesumweltministerium hat Recht, wenn es um die Glaubwürdigkeit des deutschen Atomausstiegs geht – jetzt muss das Ministerium die eigene Glaubwürdigkeit beweisen und einen konkreten Gesetzesentwurf für die Stilllegung der Brennelementefabrik Lingen und der Urananreicherungsanlage Gronau vorlegen. Die Vorgänge in Lingen zeigen eindeutig, dass es eine neutrale Atomenergienutzung nicht gibt. Im Gegenteil: Wir begeben uns weiter in eine Energieabhängigkeit von Russland – und durch Framatomes Lieferpläne bald auch von China," ergänzte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
Hinweis für die Redaktionen:
Der Brief des BMUV an das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen kann auf Wunsch gerne zugeschickt werden.
Kontakte:
Lara-Marie Krauße (IPPNW), Te. 030 698 074 15, krausse@ippnw.de
Alexander Vent (Bündnis AgiEL): 0157-59690000
Matthias Eickhoff (Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen): 0176-64699023
Weitere Informationen:
atomstadt-lingen.de/aktuelles, www.sofa-ms.de, www.bbu-online.de, www.ippnw.de
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